Niesen ist eine alter Adelssitz deren von Niehausen, später von Bocholtz, dann Vittinghoff-Schell (vom Niederrhein) und schließlich von Elverfeldt (aus dem Bergischen Land). Neben dem Gut und Schloss entwickelte sich ein reges Bauerndorf mit ca. 500 Einwohnern.


Aspekte zur Landwirtschaft

Das Rittergut Niesen


Mitte 20. Jahrhundert hatte das Gut an Flächen: 572 ha Landwirtschaft und 435 ha Wald (vgl. Chronik). Das Gut hatte mehrere Nebenbetriebe wie Schmiede, Schreinerei, Gärtnerei, Forst, den Verwalter und einen Chauffeur usw.

1931 Eintrag im Niekammer Adressbuch für die Landwirtschaft

Rittergut mit Vorwerk Hegge, Eigentümer Frhr. von Vittinghoff-Schell, Administrator Carl Menke.
An Fläche 455 ha Landwirtschaft, an Wald 500 ha. An Vieh: 54 Pferde, 135 Stück Rindvieh, davon 66 Milchkühe sowie 80 Schweine.
Die Betriebe hatten Telefonanschluss und das Gut war Stützpunkt der Westfälischen Saatgutreinigung.


50 bis 60 Personen waren bis in die 1950-er Jahre insgesamt beschäftigt. Spätestens nach dem Schlossbrand 1951 änderte sich die Situation schlagartig. Es wurde Land an abgegeben (auch mit politischen Druck) und die Technisierung hielt Einzug und so blieben immer weniger Arbeitskräfte.

Aufsiedlung Gut Niesen

Anfang der 1950-er Jahre verkaufte der Eigentümer ca. 300 Hektar Land an die Siedlungsgesellschaft Rote Erde. Damit wurde dann Land bereitgestellt für

  • Familien im Dorf. Etwa 30 Familien bekamen 1-1,5 ha für Garten und Viehhaltung
  • Es wurden Reihenhäuser gebaut für ehemalige Gutsmitarbeiter
  • Es wurden öffentliche Flächen geschafften (Friedhof)
  • Mehrere landwirtschaftliche Betriebe angesiedelt.
  • 3 Höfe Auf der Hegge (Josef Genau, Brüder Wilhelm Hagemann und Ludwig Hagemann)
  • 4 Höfe Über dem Sieke (Paul Arndt, Theo Bruchhausen, Heinrich Müller, Adolf Müller (alle eh. Gutsarbeiter)
  • 4 NE-Betriebe

Die 7 Vollsiedlerstellen waren mit 15 ha ausgestattet und es wurde teilweise bis ca. 2000 Landwirtschaft betrieben. Die Höfe wurden an Neusiedler vergeben, die Ende 19. und Anfang des 20. Jh. nach Schlesien und andere Ostgebiete gesiedelt hatten. Die Personen und ihre Siedlungsorte im Osten sind im Buch genannt. 


Nicht zu vergessen auch die gute Tat für das Christliche Bildungswerk Hegge. Sie bekamen 1945 das Herrenhaus auf dem Vorwerk Hegge und 1953 die Anlage von 8 ha auf der Hegge, wo die Gebäude nach und nach entstanden.  

1952 gab es 63 Milchkuhhalter im Dorf. Davon ist seit 2005 ca. nur noch Halter Ludger Hagemann übrig, der einen Boxenlaufstall mit ca. 100 Milchkühen betreibt (2015).

Auch ist in der Chronik von „Ami-Kühen“ die Rede. Das waren Kühe der amerikanischen Rasse Holstein Friesian, die mit dem Schiff und deshalb hornlos von der großen Reise nach Europa kamen. Die Neusiedler hatten teilweise das Vorrecht zum Erwerb solcher Tiere, die die Milchviehhaltung revolutionierten. Statt der braven und vielseitigen Tieflandsvieh-Rasse waren diese neue Kühe 30-40 cm höher (großer Rahmen), sie hatten ein fest und hoch sitzendes Euter und haben viele Milch.


Das Vorwerk Hegge auf der Hegge blieb beim Gut und ist Standort des Obstbaubetriebes mit Schwerpunkt Schwarze Johannisbeeren.

Das Gutsgelände wurde 1953 verkauft an eine Familie Gockeln, die dort bis in die 1990-er Jahre eine Spedition und einen Landhandel betrieb.Seit ca. 2018 gehörte es zur Familie Lücking aus Bonenburg.


Weitere Informationenniesen buch 200011022020

Der Ort wird von dem Nethe und dem langen Mühlengraben durchflossen. Klar dass, es nicht selten zu heftigen Überschwemmungen kam. So auch 1926 "Als die Pfannekuchen uns vom Tisch geflossen sind" (S. 104). 1931 wurde die Neuregelung im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme durchgeführt.
Mit einem aufwändigen Durchstich wurde die Nethe 55 Meter kürzer.  


Tödliche Unfälle in der Landwirtschaft passierten z. B. 1946, als eine Person vom fahrenden Schlepper
auf den Anhäger wechseln wollte und abrutschte. Oder 1951, als eine Person beim Anschirren eines Pferden einen tödlcihen Hufschlag erhielt.   

 
(2000)


Quellen:

  • Niesen, Ein Dorfporträt, 2000. Von Heinrich Peters und Fran-Josef Ihmor
  • Ortschronik , pdf-Datei von Franz-Josef Ihmor bzw. Johannes Vogt in www.willebadessen-niesen.de