Von den Anfängen über eine Blütezeit zur neuen Situation 

Die Saatgutvermehrung umfasst die Erzeugung und Vermarktung von hochwertigem Saatgut für die neue Aussaat. Sie ist an gute natürliche Standortbedingungen, Feldhygiene und sirgfältiger Lagerung des Ernteguts gebunden sowie auf ein Verständnis für Züchtung auf Vermehrerseite. Winter- und Sommergetreide sind Schwerpunkt der Vermehrungen, daneben gab es auch Gras-und Leguminosen und Kartoffelvermehrung .   

1908 werden im Gebiet der landwirtschaftskammer Westfalen 4 Saatbauver3eine gegründet, die eine wichtige Rolle bei der Erzeungung und Anerkennung von Satgut bekommen.Vorsitzender für den Bezirk des "Hauptvereins Paderborn" werden Dr. Heinricht Fischer (Haus Riepen) und Dr. Werner Ritgen (Wormeln). Feldversuche mit den Sorten und Düngung spielen eine wichtige Rolle. 

Die Bördelagen des Kreises Höxter in Verbindung mit vielen Gutsbetrieben bildeten so die Grundlage eines bedeutenden Wirtschaftszweiges des Ackerbaus auf jeweils mehreren hundert Hektar. Die beiden Altkreise Höxter und Warburg wurden in gewisser Weise Hochburgen für den pflanzenbaulichen Fortschritt! Es wurden gute Kontakte zu Züchterhäusern geführt und durch Besichtigungen vertieft.   

Es gilt der Grundsatz, dass nur gesundes und reines Saatgut die Basis der hoher Erträge und einheitlicher Qualitäten bildet. Die Erkenntnisse werden aus Düngungs- und Anbauversuchen gewonnen. Hinzu kommt, dass regional erzeugtes Saatgut schon eine gewisse Anpassungsfähigkeit an die Klima- und Standortbedingungen mitbringt. Mit zunehmender Globalisierung wurde diese Bedeutung geringer.

Zur Durchführung der Vermehrungen diese Hinweise. Die Anbauer schlißen einen Vertrag mit der VO-Firma (Raiffeisengenossenschaft z. B..). Ab Juni stehen gut sichtbarer Schilder auf dem Vorgewende mit den Angaben zur Sorte und dem Vermehrer. bei der folgenden Feldbesichtigung  (amtliche Anerkennung durch die Landwirtschaftskammer) wird auf Einhaltung der Richtlinien  geachtet wie Gesundheit, Unkrautbesatz, Sortenreinheit u. a. Eine Probe des Ernteguts wird später von der Anerkennungsstelle in Münster geprüft.  

Entwicklung Vermehrungsflächen und Vermehrungsbetriebe

Was 1908 mit 129 ha Frucht im ganzen Bezirk Paderborn begann, wurde bald ein echter Wirtschaftszweig. Die Vermehrungsfläche erreicht ab 1970 etwa 1.000 Hektar. Es wurden auch Kartoffel und Zuckerrüber vermehrt. Mit den steigenden Erträgen sank die Vermehrungsfläche auf 500 ha ab der 1980-er Jahren in 50 bis 60 Vermehrungsbetrieben.

Nach dem Jahr 2000 sank der Vermehrungsanbau auf 250 ha (in Paderborn auf 150 ha) in noch ca. 20 Betrieben. Daran waren die großen Vermehrungen im Stammland vieler Züchterhäuser schuld ebenso wie die Einführung der Nachbaugebühr 1997. - Aus einer großen Gemeinschaftsbewegung sind Einzelkämpfer vor Ort geworden. 


Zwei Besonderheiten ergänzen die Saatgutvermehrung in unserer Region

  • Die Nähe zur DSV-Saatzuchtstation mit Sitz und Lippstadt und der Zuchtstation in Salzkotten-Thüle. Die Zuchtstation war lange eine Hochburg der Rapszüchtung (Entwicklung von 00-Sorten und Hybridraps) sowie die  Züchtung von Futtergräsern und Gräser für Mischungen. - Im Kreis Lippe ist es die Nähe zur Saatzucht Borries-Eckendorf in Leopoldshöhe.  

  • Die Bildung eines starken Zweiges für Öko-Landwirtschaft im Hochstift. Diese dürfen kein gebeiztes Saatgut verwenden und müssen nach anderen Bedingungen erzeugen. Durch die Vielfalt der Fruchtfolge werden auch Kulturarten wie Leguminosen, Futtergräser usw. vermehrt. 

Das Saatgutgesetz von 1953 und eine feste jährliche Preisbindung  regeln die Kostenseite für einige Zeit. Denn zertifiziertes Saatgut ist teurer als eigener Nachbau und die Kosten müssen vom Abnehmer aufgebracht werden.     

 (Stasnd 2020)

Literatur

Dr. Gerd Ritgen und Dr. Karl Schmidt (1985): Die Saatguterzeugung im Altkreis Warburg. Festschrift 100 Jahre Ladnwirtschaftsschule Warburg, S. 34-38