Wie die Dampfmaschine bzw. das Lokomobil  das Leben und Arbeiten auf dem Land veränderte

Die Dampfmaschine steht beispielhaft für die Entwicklung der Fabriken und der Industrie im 18./19. Jahrhundert. Wie sie auch das Leben in der Landwirtschaft veränderte, dazu hier die folgenden Stichworte, die teilweiseauf Beiträgen im Wochenblatt für Landleben und Landwirtschaft Münster beruhen. 


Eine Dampfmaschine wird mit Holz und Kohle betrieben, ein Heizer sorgte für den richtigen Nachschub. Wegen der Gefahr des Funkenflugs konnte sie nur außerhalb von Ortschaften betrieben werden. In Brakel war der Ort die "Ausschachtung" an der Ostheimer Straße (heute Feuerwehr) der Platz für diese Arbeiten über Jahrzehnte. Auch beim alten Sägewerk Didden (nahe Bredenweg) war so ein Ort.  


Die Großmaschinen waren im Besitz von Genossenschaften oder Lohnunternehmern und wurden vorwiegend zum Betrieb von Dreschkästen eingesetzt und blieben am festen Standort. Später wurden sie mit großen Eisenrädern versehen, gewannen als Lokomobil neue Mobilität. Eine besondere Verwendung war der Dampfpflug. Zwei Lokomobile zogen einen Pflug mit großen Pflugkörpern an Stahlseilen hin und her. Die Moorkultivierung und Melioration von Böden (Heideflächen) war über Jahrzehnte ein großes Geschäft in Norddeutschland (Emsland) und in Ostwestfalen.

 

Die Firma Ottomeyer/Steinheim, Kreis Höxter, (Hauptsitz 1877) mit Niederlassungen an mehreren Orten war einer dieser erfolgreichen Pioniere der Dampfkraft. Friedrich Ottomeyer (1838-95). Er kaufte 1867 seine ersten zwei Maschine in England für den Einsatz im Lohndrescher-Betrieb. Weitere folgten. Ab 1870 gründete er eine eigene Maschinenfabrik für Geräte und Maschinen, auch für Göpel, Mähmaschinen, Bodenbearbeitung und Anlagen für die Saatgutreinigung. 1887 kaufte Ottomeyer den ersten Dampfpflugsatz des englischen Herstellers Fowler, der bald für die Moorland-Kultivierung eingesetzt wurde. Nebenbei: In England waren Dampfmaschinen in der Landwirtschaft schon ab 1842 im Einsatz!   
Ab 1888 vertrieb Fa. Ottomeyer auch Maschinen der Fa. Lanz Mannheim, deren 1-Zylinder-Schlepper "Bulldog" mit Riemenscheibe ab 1920 zum Verkaufsschlager wurde.  

Die Zahl der Dampfmaschinen bzw. Lokomobile summierte sich in Westfalen um 1900 auf 1.000 Stück. Zum stationären Betrieb am Ort stellte Ottomeyer einen Maschinisten als Aufseher für die Technik. Die Bauern mussten jeweils selbst Helfer anheuern wie Knechte, Mägde, Tagelöhner. Für den Transport und Ortswechsel der Maschinen wurden 2 bis 8 Pferde benötig! - Erst mit dem Antrieb durch Strom wurden die Dreschanlagen wieder benutzerfreundlicher.  

In Brakel betrieben Adolf Mönnikes (Bohlenweg) und Schuhmacher (Antoniusstraße) solche Maschinen im Bereich Bohenkamp. 

Nach 1885 führten die drei Söhne Ottomeyer das Geschäft und expandierten. Fritz Ottomeyer (1868-1944) führte die Zentrale in Steinheim. Später verkaufte die Familie Ottomeyer (die aus Wellentrup, Lippe stammt) nur noch Schlepper mit normalem Verbrennungsmotor und wurde zum Lanz-Vertragshändler (später John Deere). Auch ein Autohaus (Fiat) kam hinzu. Die Firmengeschichte endet um 2000 (2010).

 

Literatur
Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben Nr. 16/2023,  Der Dampfkraft-Pionier aus Lippe. Von Heinrich Stiewe