Russen, Polen, Franzosen waren auch bei den Bauern beschäftigt. Sie sollten die Männer ersetzen, die an der Front im Einsatz waren. Es gab auch Frauen, sie waren als Magd im Stall und Haus tätig. Manche Gruppen von Zwangsarbeitern wurden abends in ihre zentralen Schlafstellen gebracht, für andere wurde im Stall und Scheunenbereich eine Kammer abgetrennt. Auch ob sie die Mahlzeiten getrennt von der Familie einnahmen war geregelt und wurde von der Gestapo oder anderen Funktionären überüberwacht.
Berichtet wird auch von Bauern, die gerügt wurden, wenn die Zwangsarbeiter mit am Tisch saßen, aber dann antworteten: „Einer, der hinter Pferd und Pflug hergeht, darf auch bei mir am Tisch sitzen“. Es gab auch Fälle von Briefverkehr und Freundschaften nach dem Kriegsende.
Viele Bauern gingen menschlich mit ihren Arbeitern um, aber andere griffen zur Peitsche, wenn etwas nicht so klappte, wie es sollte. Am Kriegsende wurden die Zwangsarbeiter in zentrale Lager gebracht, um ihre Rückführung zu organisieren.
In den Wochen nach der Befreiung durch die Amerikaner und der provisorischen britischen Verwaltung herrschte eine Art Ausnahmezustand, in der sich Zwangsarbeiter bei ihren ehemaligen Bauern rächten.
Ein schrecklicher Fall ereignete sich in Fürstenau Ende Juli 1945.
Der blutige Polen-Überfall auf Fürstenau
In Fürstenau hat sich am 29. Juli 1945 ein blutiger Überfall von 150 bewaffneten Polen ereignet. Am 27. Juli 1945 war um Mitternacht ein Pole von einer deutschen Dorfwache im Ort erschlagen worden. Polen aus dem Lager in Höxters Kaserne wollten den Tod des Landsmannes rächen. Die Bewaffneten richteten ein Blutbad an (sieben Tote) und zündeten sechs Häuser an. Es brannten Feldscheunen und das Wohnhaus des Bürgermeisters von Fürstenau. Bei Westwind und Funkenflug hatte die Feuerwehr Mühe das Feuer von anderen Gebäuden abzuhalten… 48 Polen wurden von einer britischen Militärpatrouille festgenommen, viele flohen. Einige der Täter wurden zum Tode verurteilt, andere kamen lange in Haft.
Zitiert aus dem WB vom 12.11.2016 im Zusammenhang mit dem Besuch eines ehemaligen polnischen Zwangsarbeiters, der im Alter von14 Jahren 1942 nach Fürstenau gekommen war. Solche Geschichten stehen in dem Buch von Ernst Würzburger „Zwangsarbeit im Kreis Höxter“, 2016. Er spürt auch dem Schicksal der sog. Displaced Persons nach, die nach dem Krieg nicht in ihre Heimatländer zurück konnten oder wollten. 1951 über gaben die Alliierten die personengruppe der „Heimatlosen Ausländer“ an die deutsche Verwaltung. Das Buch enthält Informationen aus allen 10 Städten im Kreis Höxter.
Aus Brakel ist zu diesem Thema Folgendes bekannt
Im Manuskript Josef Hoffmeister über die Tage um das Kriegsende in Brakel am 5.4.1945 wird ausgeführt, dass der Hattheiser Hof und das Forsthaus Flechtheim von Polen überfallen und ausgeraubt worden sind. Die Frauen wurden missbraucht.
An anderer Stelle heißt es dort:
„Zwei Tage nach dem verlorenen „Endsieg“ brach eine Lawine von Fremdarbeitern über die Stadt Brakel herein. Aus fast ganz Europa hatte man sie vor einigen Jahren als billige Arbeitskräfte nach Deutschland deportiert. Nun machten sei –verständlich- von ihrer Freiheit und von ihren vermeintlichen Rechten Gebrauch. Von Amerikanern wurden sie als Bundesgenossen in jeder Weise unterstützt. Zur Unterbringung der Kriegsgefangenen und verschleppten Zivilarbeiter musste die Knabenschule und alle Häuser von dort bis einschließlich Postgebäude, die Rektoratsschule und der Neubau der Brede sofort geräumt werden. Diese Gebäude wurden als Sammellagereingerichtet.
Laut Befehl mussten: Herde, Kochtöpfe, Decken, Stroh usw. einschließlich der vollen Verpflegung von der Stadt gestellt werden. Wie das in diesen Notzeiten, als es schon jahrelang vorher am Notwendigsten mangelte, zu schaffen war, ist uns allen ein Rätsel geblieben. Leider gibt es überall schwarze Schafe. So holten sich einige Ausländer in den folgenden Nächten durch Überfälle dann das, was man ihnen teilweise fünf Jahre lang vorenthalten hatte.“
Im Rahmen der Aufarbeitung der NS-Zeit und der Geschichte der Juden ist man auch auf eine Akte von Josef Hoffmeister gestoßen mit der Aktion zu Wiederherrichtung des Judenfriedhofs von Brakel von 1945
Die Briten wollten das als eine Art Wiedergutmachung für die ehemalige Nazi-Funktionäre in Brakel durchführen. Die Hoffmeister-Liste enthält unter 10 Namen. Die Personen sollten sich zu einem ersten Arbeitstermin am Friedhof mit Werkzeug einfinden.
Es ist vermutlich nie zu diesem Einsatz gekommen, weil in Briefen die Unschuld beteuert wurde oder ärztliche Atteste vorgelegt wurden.