Aus den Anfängen der Schule
Von der Winterschule, wie die Landwirtschaftsschule genannt wurde (weil der Unterricht nur in der arbeitsarmen Zeit über Winter stattfinden konnte) gibt es mehrere Jahresberichte [1], die einen interessanten Einblick geben.
Die Themen der Jahresberichte
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- Lehrbetrieb mit Lehrern und Unterrichtsfächer
- Lehrmittelsammlung
- Schülerverzeichnisse und
- Ergebnisse aus Versuchen im Lehrgarten
Die Jahresberichte und das Kuratorium
Ansprechend und im Stil der Zeit gestaltet sind die Berichte gleich ab dem ersten Jahrgang 1908/09. Sie wurden den Schülern im Rahmen einer „öffentlichen Schlussprüfung“ überreicht, die Mitte März im Beisein des Kuratoriums vom Direktor mit seinem Lehrerkollegium erfolgte.
Dieser Personenkreis umfasste sechs Kuratoriumsmitglieder bzw. fünf bis sieben Lehrpersonen
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- Landrat Körfer als Vorsitzender
- die Rittergutbesitzer von Spiegel-Rheder, von Haxthausen-Abbenburg
- die Herren Koberg (Bürgermeister Brakel), Sanitätsrat Dr. med. Berendes, Marienmünster, Kaufmann Oppermann aus Höxter. [2]
Der Unterricht
Der Unterricht umfasst in den ersten Jahren einschließlich Samstag 34 Stunden. Vormittags bis 12.30 Uhr, nachmittags von 13.30 bis 15.30 Uhr. Davon unterrichtet Direktor Roessel allein 20 Stunden! Danach kommen ein oder zwei Landwirtschaftslehrer hinzu. Hinzu kamen für Tierheilkunde wird von Veterinärrat Nutt unterrichtet, Religion vom Kaplan oder Pastor, Deutsch von Hauptlehrer Ewald. Weitere für Geschichte und Geografie sowie für Raumlehre und Rechnen.
Die Lehrmittelsammlung
Bereits 1908 war eine „reichhaltige Sammlung von physikalischen, chemischen, botanischen und zoologischen Lehrmitteln sowie an tierischen und landwirtschaftlichen Modellen, an geografischen und kunsthistorischen Anschauungsmitteln“ vom Kreis zur Verfügung gestellt worden. [3]
Aufschlussreich die Lehrmittelsammlung, die schon bei der Gründung der Schule 1908 bedeutend war
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- Chemisches Laboratorium
- Physikalisches Kabinett mit einer Sammlung von Apparaten
- Modellsammlung Pflanzen, Pilze, Tierrassen
- Sammlungen für Mineralien, Bodenarten Düngemittel, Futtermittel
- Wandtafeln mit Schwerpunkt Pflanzen, Pflanzenbau usw.
- Komplette Molkerei-Einrichtung
- Feldmessgeräten, Gerätschaften für Bodenbearbeitung, Gerätschaften Tierheilkunde usw.
- Bibliothek mit 200 (am Beginn) bzw. 600 Bänden (fünf Jahre später)
Die Schüler
In den Schülerverzeichnissen stehen jeweils 25 bis über 35 Schüler je Jahrgang für die Unter- bzw. Oberklasse. Die Schüler waren damals 16-13 Jahre alt.
Die Schüler der ersten vier Unterklassen kamen z. B. aus den heutigen Gemeinden
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- Brakel (35)
- Driburg, Höxter, Marienmünster (16)
- Nieheim (14)
- Beverungen (8)
- Steinheim (7)
- Lügde (3)
Unter den Einzelorten sind Namen, die viele wohl nicht mehr kennen: Knochen, Derenborn, Feldrom, Saumer. Spitzenreiter mit 5 – 7 Schülern waren die Ortschaften Bredenborn, Hampenhausen, Hembsen, Herste, Nieheim.
Der Lehrplan
Aufgeführt sind dann die Lehrpläne und Stundenpläne. Der Unterricht dauerte von 8.00 Uhr bis 15.30 Uhr täglich und Samstag von 8.00 bis 12.00 Uhr. Die Mittagspause erstreckte sich von 12.00 Uhr bis 13.30 Uhr.
Einen Blick noch auf die zentralen Fächer Betriebslehre und Buchführung, die vom Direktor persönlich unterrichtet wurden. Sie umfassten Themen wie
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- Betriebsmittel
- Einrichtung des Wirtschaftsbetriebes
- Kassenbuch
- Vermögensaufnahme
- Steuerabschluss
- Bei den produktionstechnischen Fächer fallen auf:
- Die eigenen Fächer Wiesenbau sowie Obst- und Gemüsebau
- Tierheilkunde
- Molkereiwesen
- Die Tierhaltung in der gesamten Bandbreite von Pferden, Rindern, Schweinen, Geflügel bis zur Bienenhaltung.
- Die wichtigsten Unkräuter und ihre Vertilgung.
- Über das Kälken und Mergeln
- Die Zubereitung von Saatgut
Es folgen Lehrerberichte über in den einzelnen Fächern mit Aufsatzthemen im Fach Deutsch und die sog. Geschäftsaufsätze. „Zu grammatikalischen und orthografischen Belehrungen gaben die in den schriftlichen Arbeiten vorkommenden Fehler mannigfache Veranlassung“, heißt es in einer Anmerkung.
Interessant auch damals schon das „Landwirtschaftliche Seminar“. Diese Stunde wurde von den Schülern selbst gestaltet und die Vorträge kamen von ihnen. Der Lehrer war nur der Moderator.
Weiterbildung
Abgerundet wird die Schrift durch die „außerschulamtliche Tätigkeit“ des Direktors und der landwirtschaftlichen Fachlehrers. Auch wenige Fahrten nach Münster zu Fortbildungen sowie Teilnahme an Kongressen sind vermerkt. Notiert sind auch die „Praktischen Unterweisungen und Vorträge“ zum Obstbau und zum Vogelschutz (!) in den Orten.
Im Vorfeld des Ersten Weltkrieges waren zusätzliche Schulungen für das Militär recht umfangreich. In ihnen wurden die Fachthemen der Landwirtschaft in Kurzform angeboten. Es sollte wohl die Soldaten auf längerfristige Siedlung von neuen Gebieten einstellen.
Der Versuchsgarten und die Pflanzenbauversuche
„Weiteren Demonstrationszwecken dient der mit der Anstalt verbundene Versuchsgarten.“
In einigen Heften wird von Pflanzenbauversuchen berichtet. In den ersten Jahren waren es z. B.
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- „Versuch über das specifische Düngebedürfnis der wichtigsten Kulturpflanzen“
- „Versuch bezüglich Blattrollkrankheit bei Kartoffeln“ („den neuen Feind der Landwirtschaft“)
- „Anbauversuch mit sechs Zuckerrübensorten“
- Das waren im Übrigen die Düngersorten der damaligen Zeit:
Die Düngersorten Gebrannter Kalk, Kalisalz, Superphosphat, Chilesalpeter und Schwefelsaures Ammoniak. Sie sind mit Ausnahme des Chilisalpeters bis heute gebräuchlich.
Die Versuchsfragen und -ergebnisse sind interessant dargestellt, gut erläutert und bewertet. Man konnte auch zugeben, dass manchmal nichts herausgekommen ist!
Alles in allem: Für die Schüler waren die Hefte interessant zum Nachschauen über Themen, Inhalte und Begriffe ihrer fachlichen Ausbildung. Für die Schule ein stolzer Bericht über die Bedeutung und Entwicklung der Einrichtung.
Literatur
[1] Jahresberichte der „Landwirtschaftlichen Winterschule zu Brakel“ der Jahre 1908/09, 1909/10 sowie 1912/13 und 1913/14. Die Hefte konnte ich dankenswerterweise durch Herrn Elmar Roland, Brakel, einsehen.
[2] Für die Zeit um 1920 werden als Landwirte im Kuratorium genannt: Wilhelm Köhne (Eversen), Theodor Roeingh (Beverungen), Werner Berendes (Flechtmerhof Brakel), Heinrich Zurwehme (Ottbergen) .
Für die Zeit um 1950: Kreislandwirt Löher (Bad Driburg), Karl Krus (Landarbeiter Bellersen), Wilhelm Lödige (Eichholz), Bruno Johlen (Erkeln), Maria Elsing (Vörden). Quelle: 75 Jahre Landwirtschaftsschule Brakel 1959
[3] Festschrift 50 Jahre Landswirtschaftsschule Brakel 1069, S. 9