Udo Schlicht (2001): Glas aus dem Eggegebirge (Sag‘ mir, woraus du trinkst…)“. Heft 3 der Reihe Kulturgeschichtlicher Beiträge der Sparkassenstiftung Kreis Höxter (ohne Seitenzahlen)  


Das Heft von Udo Schlicht ist leider wenig bekannt.  Es ist aber eine ausgezeichnete Darstellung der Glashütten, ihrer Bedeutung und ihrer Geschichte mit Bezug auf den Kreis Höxter und die Emde.   


Gleich vorn in der Schrift findet sich z. B. diese Kennzeichnung der Emde:

Als führende Glashütte des Hochstifts aber galt die 1727 auf der Emde bei Brakel von den Meistern Gundelach und Wiegand errichtete und bis 1878 geführte ‚feine Glashütte‘, die seit 1852 allein berechtigt war, vergoldete Glaswaren herzustellen. Nicht zuletzt aufgrund der Emder Gläser können wir von einem eigenen und beachtenswerten Beitrag aus Ostwestfalen zur Glaskunst der Barockzeit sprechen.

In der landesherrlichen Urkunde heißt es (1736), dass Glasbetriebe dazu beitragen, den fernen Wald überhaupt „zu versilbern“.

 

Die eigentliche Manufaktur wird kurz dargestellt, eingehender wird der  G l a s h a n d e l  beschrieben:  

Für den Transport wurden die Glaswaren in feuchtes Stroh eingebunden. Zunächst bringen Kiepen-Händler teils mit Esel aus schlechten Wegen zu den Kunden. Beverungen an der Weser war ein bedeutender Umschlagort für Bremen. Es bildeten sich selbständige Glashändler heraus und standen bald an erster Stelle aller Handeltreibenden (vor Ellen-, Wein- und Getreidehändlern). Driburg und Kleinenberg wurden örtliche Zentren des Handels um 1800, die Gasmeister organisierten sich in einem Handelsverein.

Die Herstellung von Glas durch die einzelnen Glashütten erfolgte auf Bestellung durch die Händler. Zahlten diese nicht so kamen einzelne Hütten in Schieflage, so die Hütte im Bohnental, die ihr Ende durch zahlungssäumige Händler fand.  

 

Zum  A b s a t z  der Glaswaren wird ausgeführt:

Zunächst waren nur Adel und hohe Geistlichkeit Abnehmer des feinen Glases. Erst um 1800 kam die Flaschen, Trinkgläser und Fensterscheiben als ‚Massenprodukte‘ hinzu. Zum Umsatz: „So soll die Emder Glashütte zwischen 1767 und 1791 jährlich mindestens für 4 – 5.000 Reichstaler Waren an Händler verkauft haben“

 

Über  L e b e n  u n d  A r b e i t  auf den Glashütten ist wenig überliefert. Erst um 1900 findet man gute Hinweise im Buch Ursula Wichert-Pollmann (1953), Das Glasmacherhandwerk im östlichen Westfalen. Münster.

Die Errichtung der Glashütten erfolgte durch Fremde, oft von hessische Glasmacherfamilien. Dies bekannten Namen sind auch in Brakel zu finden: Becker, Stenner, Wiegand, Ihmsen und Gundlach. Die Gasmeister-Familien heirateten untereinander und blieben so weitgehend unter sich. Für eine Hüttengründung waren jeweils 2-4 Glasmeister erforderlich, Über die Ausdehnung der Hüttensiedlung ist dies bekannt:

So stand  die Emder Glashütte auf einer Fläche von 16 Morgen (280x140 m), wohingegen gleichzeitig eine Hütte bei Brakel auf 2,4 Morgen Platz fand.“
Hinweis: Das entspricht einer fläche von ca. 4 Hektar.


Die  G e b ä u d e  bestanden aus Holz und Lehm für die Glasmacher. Etwas abseits und in der Nähe der Ofenanlage wohnten die Glasmeister. Insgesamt 50-100 Personen bildeten Glashüttenbelegschaft. Ein kleiner Krug und Kramladen ergänzten die Selbstversorgung. Die Siedlungen blieben weitgehend autark. Angesichts der primitive Ofentechnik zählte zu den B e r u f s k r a n k h e i t e n Krankheiten der Augen, der Lunge, des Magen-Darm-Taktes, es gab Vergiftung mit Arsen und Blei sowie Verbrennungen u. a. Mit 55 Jahren waren selbst die stärksten Männer fast blind und körperlich am Ende.  

 

So eine  H ü t t e n k a m p a g n e  dauerte von Feb/März bis Okt/Nov. Feste Arbeitszeiten gab es nicht für die Glasmacher:  Wenn das „Glas klar“ war, kamen ihr Einsatz, teils für 12 Stunden am Stück

 

Nicht selten blieb es bei einem  a n g e s p a n n t e n  V e r h ä l t n i s  zwischen der Bevölkerung in den umliegenden Orten und den Glasleuten, die mit ihrer guten Kleidung und ihrem zur Schau getragener Wohlstand auffielen. Auch bei der Nutzung von Wald und Hude hatten die Glasmacher Vorzüge und so kam es auch häufiger zu Konflikten. Die Normaldauer einer Hüttenanlage betrug 10-15 (25) Jahre. Nach Ende des Betriebe, in der Regel wegen Holzmangel, wurde das Wiederverwertbare verwertet, der Rest blieb an Ort und Stelle. Spuren sind nach 250 Jahren kaum zu finden. 

 

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 Foto Schlicht   Becher mit Deckel, Becher, Pokal mit Deckel der Emde um 1780 (Foto Schlicht)