Historisches

Im Internet findet sich diese Karten-Übersicht der Ortsnamem des Kreises Höxter, die im gleichnamigen Buch von 2016 enthalten ist.

ON Übersichtskarte WOB 9 Kreis Höxter

GW = Grundwort
BW = Bestimmungswort
PN = Personenname
N/E/S/W = Himmelsrichtungen

Abbenhusen PN Abbo, auch: Albert  GW -husen = -hausen 5 km NW Brakel
Albrok BW ol-/ al- =  modrig, faulen GW –brok = Sumpf, Bruch Name auf Vorwerk Albrock übertragen
Baddenhusen PN = Bad / Baldo GW –husen (bei den Häusern) 4,2 km NM Brakel
Bennahausen PN = Benno/Bernhard GW – husen = -hausen 2 Km N Istrup
Bensen PN = Benno/Benni GW- sen/-husen = hausen 1,5 S Erkeln
Botvelt/Vrotfeld BW  bad, bad = (Bett, Beet, Boden) GW –feld = Feld nördlich Bökendorf vermutet
Bredenberg BW -bred (Brede) = breit, ausgedehnt GW -berg = Berg bei Rheder oder Erkeln vermutet
Brokhusen BW brok = morastiges Gelände  GW -husen = -hausen 1,5 km südlich von Istrup
Caddenhusen  ? GW -husen = -hausen   im Modexer Wald, in der Nähe der ehemalige Meierhof Feldtokansen
Derenborn BW = Der (wildes Tier) GW –born = Brunnen 2,1 km S Bosseborn
Dudekessen ? ? Modexer Wald Richtung Hembsen
Echhusen BW e(i)k = Eiche GW - husen = -hausen 1,3 km N Gehrden
Escherde BW esch = Esche  GW -ard = Siedlungstelle 3 km nördlich von Istrup, unsichere Deutung
Hellersen PN Heliger (= Heiliger) oder Eil /Agil GW- husen, -sen = -hausen Westlich Vorwerk Hellersen
Hellete BW Halde (abschüssige Stelle)  GW - (e)te von ithi = Fels 4 km NE Brakel
Lage an Erhebungen am Hakesbach
Hemenhusen PN Hemmid (selten) oder Haimi  GW -husen = -hausen 4,2 km N Brakel
Holthusen BW holt = Holz, Wald GW –husen = -hausen 3,5 km NE Brakel
Holthusen BW holt = Holz, Wald GW -husen = hausen 1,5 NE Schmechten
Icanrode PN Iko GW –rode = Rodung 2,5 NE Hembsen
Jaddenhusen PN Jaddo/Gaddo GW –husen = -hausen 1 km N Istrup
Makinghem PN Mak(k)o/Markwin/Megin
oder altsächsisch -marka = Grenze/Gebiet
GW-hem = -heim

Im Norosten von Brakel vermutet
Als Mek in Messmekertor enthalten

Modexen PN Modico/Moda GW-husen, -sen = -hausen

3,8 km NE Brakel
Ewald vermutet nasse Wiesen, engl. Meadow

Oldendorp BW –ald, -old = alt GW –burg = Burg/Berg 1,2 km E Bellersen
Ostheim BW ost = Ost, östlich GW –heim 1,5 km SE Brakel
Palburg BW –pal = (Grenz- Pfahl GW - burg = Burg/Berg 1-1,5 km NW Brakel an Brucht
Sebeke BW seicht/siek/sege = nass GW –becke = Bach

3 km N Brakel

Niederung an der Brucht

Sudheim BW Sud = Süd, südlich GW -heim 2 km S Brakel
Südgehrden     1 km SE Gehrden
Sullessen

PN Suli, Sulo
BW sal = Säule, Pfeiler

GW –husen, –sen = -hausen 3,8 km N Brakel
Vlechten (Flechtheim) BW flechten, Geflecht GW –tun = Zaun 2,5 km NW Brakel
Wernessen PN Wernci/Warin
Warin = 2. Abt Kloster Corvey (+856)
 GW -essen (-husen) = -hausen 1,2 W Gehrden
Winchusen PN Wido, Widu GW -husen = -hausen NW Erkeln (Winkhausen)
Wimelsen PN Wimil, Wilnin GW –husen, -sen = -hausen 3 km SW Bosseborn im Modexer Wald

 

Literatur

Hermens, Johannes: Bauernschaften und Meierschaften zu Brakel. In Heimatborn 8/1928, S. 15-15 und 18-19

 

GW = Grundwort
BW = Bestimmungswort
PN = Personenname
N/E/S/W = HImmelsrichtungen

Abbenburg, Gut PN Abbo BW –burg = Burg/Berg
Auenhausen PN Odo GW-husen = -hausen
Beller

BW bald = Gewässer
oder PN Baldayn

Suffix –r als Stellen- oder Raumbezeichnung Balder-Verehrung (Lichtgott) unwahrscheinlich
Bellersen PN Balheri GW –sen wie -husen = -hausen Balder-Verehrung (Lichtgott) unwahrscheinlich
Bökendorf PN Bodo
BW Buche/Böke
GW  -dorf = Dorf Überlegung 2016 „Böttcherdorf“
Brakel BW brecan = Land umbrechen GW –loh = Niederwald Unwahrscheinlich, weil tautologisch

BW brak/brok = Bruch
BW brak = Reisig, Zweig

GW –loh ? = Niederwald
Suffix -l ? = Lage
oder Brakel = Einzelwort?

Sumpfbezeichnung vorzuziehen (vgl. Lage an Bruchtniederung
Brede BW brede = Breite Einzelwort (Simplex) Als Flurname häufig
Erkeln BW ark = Wehr, Kasten oder Lage

GW –loh = Niederwald
oder Einzelwort?

Schwierig, vielleicht keltisch
Nicht: Bogen (arcus)

Frohnhausen

PN Frodo?
Froda, frod = alt, weise

GW -husen = -hausen Frühhausen (Balint) unwahrscheinlich
Gehrden BW Gard = Garten, eingefriedet GW –husen/-en = -hausen
Hampenhausen PN Hampo GW-husen = -hausen Unsicher
Hembsen PN Hemhild/Hemmid GW -husen, -sen = -hausen b = Einfügung zur Ausspracheerleichterung
Hinnenburg BW Hinnen = hinten GW -burg = Burg/Berg Die Palburg lag davor, näher an Brakel
Istrup PN Is(t)o GW –dorf, -trup = Dorf Name unklar
Rheder BW Reet = Schilf Suffix –r = Lage, besondere Stelle Unsicher
Riesel BW riseln = rinnen
BW ris = steigen, fallen
Suffix –l  = Lage?

Unwahrscheinlich (Wasserabfluss hoch)

Von Erhebung südlich abgeleitet

Schmechten

BW sma, smacht = Hunger, schlechter Boden Sma = wertlos

GW-husen, (s)en = -hausen

Simplexname:
Von Gewässername (Metbrunnen-Wasser mit schlechtem Geschmack)

Siddessen PN Sid(d)i, Sido GW –husen, -sen = -hausen Unsicher

ortnamenkarte2 

Kartenausschnitt aus "Die Ortsnamen im Kreis Höxter, 2016". Eigene Hervorhebungen.

 

ON WüstungenOrtsnamen sind kulturhistorisch interessant, denn sie geben Auskunft über die Lage, über Personen (Sippen) oder andere Zuordnungen der einzelnen Siedlungen. Nach Jakob Grimm sind die Eigennamen die ältesten Zeugnisse menschlicher Sprache.

 

Heimatforscher, Historiker und Sprachwissenschaftler versuchen sich immer wieder an deren Deutung. Mit dem Buch „Die Ortsnamen des Kreises Höxter“ von 2016 kommt eine neue Qualität ins Spiel. Weil die Ortsnamen mittlerweile auf der Grundlage der Namensgebung im gesamten nordwestdeutschen Raum vergleichend betrachtet werden können, steigt die Sicherheit der Interpretation. Sie geben auch Einsichten in die Sprach- und Siedlungsentwicklung.

 

Ortsnamen bestehen in der Regel aus zwei Wörtern: Aus dem Grundwort (wie -hausen), das hinten steht. Das eigentliche Bestimmungswort steht davor.

Meist bildet ein alter sächsischer Personenname das eigentliche Bestimmungwort. 
Und so sind hier Namensbildungen verbreitet nach dem Schema Personenname (im Genitiv singular) und dem Grundwort –hausen wie in Hampenhausen.    

 

Speziell und schwierig wird es bei abweichenden Formen, die als Einzelwort (Simplex) daher kommen und eine bestimmte Wortendung (Suffix) tragen wie Rhede-r, Brake-l oder Erklen. Solche Namen gehen auf (vor-) germanische Bildungen zurück, währen die anderen aus der altsächsischen Zeit stammen.

 

Mit den Corveyer Traditionen (Übertragungen, um 900) oder denen von Neuenheerse sowie den Heberegistern (Bücher mit Abgabenleistungen an den Grundherrn) stehen bei uns gute Quellen zur Verfügung. Auch mit der Vita Meinwerci des Bischofs von Paderborn  (um 1160) liegt eine weitere gute Quelle vor.

 

Für den Bereich der Stadt Brakel sind hier zwei Tabellen zusammengestellt (auf Grundlage des Buches 2016) für die Bereiche "Bestehende Orte" und "Wüstungen". Wüstungen sind verlassene Siedlungen, die nach den Stadtgründungen, Fehden und Epidemie (Pest) im Spätmittelalter (vor 1600) aufgegeben worden sind. Vier der Namen sind heute noch gebräuchlich Albrock, Flechtheim, Modexen, Ostheim, Sudheim.

 

Tabelle Ortsnamen "Bestehende Orte". Die Liste enthält 18 Namen.

 

Tabelle Ortsnamen von "Wüstungen". Die Liste enthält 31 Namen.

 

"Übersicht Ortsnamen im Kreis Höxter". Die Übersicht enthält fast 400 Namen.

 

Hinweis: Eine Übersicht über die Flurnamen von Brakel ist in Vorbereitung.

brauchtum erntekrone 02   brakel osterfeuer kgj 2015
Erntekrone im Haus Landwirtschaftskammer (2002)   Osterfeuer (Foto kjg Brakel 2015)

Landwirtschaft und Brauchtum 


Um Landwirtschaft und Landleben hat sich ein besonderes Brauchtum entwickelt und manche Sitten haben sich eingebürgert.  Von Bittprozessionen über Krautbund bis zum Wettersegen reichen die Gepflogenheiten. Davon handelt dieses Kapitel. Hier befinden sich folgende Beiträge

Im Jahresverlauf mit Erntehahn und Erntekrone

Krautbund – Rund um die Königskerze

Bauer, liebe deinen Scholle  - Hofsprüche

Herlinghäuser Platt und Brauchtum

Manuskript: "Überliefertes Brauchtum der Vorfahren" aus Entrup

Gedichte (Frintop, Thier, Dohmann, Knoche u. a. ), Lieder





Es gibt eine ganze Reihe von interessanten Personen aus dem Kreis Höxter, die

  • um die Landwirtschaft verdient sind und/oder die 
  • wichtige Funktionen inne hatten und/oder
  • ein besonderes Schicksal hatten


Personen, die mir historisch aufgefallen oder in Präsenz begegnet sind, sind diese

  • Bressel, Heinz (Steinheim)
  • Classen,  Dr. Wilhelm (Brakel)
  • Fanke, Eduard (Brakel)
  • König, Dr. Albert (Brakel)
  • Ritgen, Dr. Gerd (Warburg, W
  • Roeingh, Theodor (Beverungen, W)

 

Weitere Personen, die einen Wikipedia-Eintrag (W) haben, sind

  • Kanne, Bernd von (Steinheim-Breitenhaupt, W)
  • Oeynhausen, Adolf von (Nieheim-Grevenburg, W)
  • Menke, Prof. Dr. Karl Heinz (Univ. Hohenheim, Charlottenhof, W)

  

Eduard Franke (1883-1963) war ein Brakeler Original

Eduard Franke lebte quasi als Einsiedler in der Nähe des Modexer Hofes in einer kleinen selbstgebauten Hütte aus Bruchsteinen ohne Strom und Wasser. Das kleine Anwesen lag vor dem Modexer Wald, ca. 200 m nördlich der Kreisstraße. Er besaß weitere kleine Flächen, auf denen er etwas Landwirtschaft betrieb. Im Adressbuch 1952 ist er unter Feldmark 22 als Landwirt eingetragen. 

Geboren ist er am 03.07.1889 in Brakel. Als Sattler ausgebildet, wanderte er in jungen Jahren aus nach Südamderika, nach Urugay oder Paraquay.

Nach dem Ersten Weltkrieg kam er bereits wieder zurück, weil er unter einer Schwerhörigkeit litt. In der inflationszeit hat er sein Geld verloren und zog sich verbittert in die ferne Unterkunft nahe dem Modexer Wald zurück. Er hatte anfangs Kuh, Schwein Pferd und lebte sehr bescheiden von seiner kleinen Wirtschaft.

Das Trinkwasser holte er sich vom Hof Rüther-Rode mit dem Handwagen, mit der er manchmal auch in Brakel gesehen wurde. Meist war er allerdings mit einem Jutersack in Brakel und kauft wöchentlich Brot beim Bäcker Schröder und fragte nach altem Käse in der Molkerei Brakel.


Besondere Kennzeichen waren seine kniehohen Gamaschen. Im Alter machte er teilweise einen etwas herunter gekommenen, kränklichen Eindruck. Am 19.06.1963 starb er an den Folgen des sehr kalten Winters 1963/64 im Alter von 73 Jahren. Er war von seinem Neffen Moses Franke (ehemalige Gaststätte Frankenburg, Josef Franke, Nähe Krankenhaus) am Ende des Winters noch ins Krankenhaus gebracht worden.

Eduard Franke war ein Nachkomme von dem Geschichtsforscher Eduard Franke (1821-1904), von dem ein umfangreicher Nachlass mit Zeichnungen und Notizen im Stadtarchiv Brakel (6 Bände, 6, Fol. 71) vorhanden ist.

Das hat es wohl noch nicht gegeben: Gleich drei Artikel aus dem Kreis Höxter in der renommierten Wochenzeitung mit einer Auflage von 62.000!

Dazu ziert das Titelbild der Pfingstausgabe eine Szene vor dem Schloss Rheder!

 

Doch der Reihe nach:

 

"Wie viel Stickstoff steckt im Boden?" -  "Wird Mais nach Zwischenfrüchten angebaut, ist das N-Nachlieferungsvermögen . . zu berücksichtigen. Die Wasserkooperation hat dazu erste Erfahrung gesammelt" von Heinz Georg Waldeyer

Wie mit winterharten Zwischenfrüchten die Stickstoffdüngung beim Mais besser bilanziert werden kann, darum geht es dem Bericht von einer Versuchsserie. Siehe Beitrag bei "Wasserkooperation Höxter".

 

"Ein Schloss für ein Bier" - "Bierbrauen ist eine Wissenschaft für sich...- zu Besuch in einer Brauerei mit 330 Jahren Geschichte" von Andrea Hartleif

Die Titelgeschichte im Familienteil "Land & Leben" ist regionalen Bieren aus Brauereien mit Führungsangeboten gewidmet. Die Brauerei Rheder wird beispielhaft vorgestellt. Mit Fotos von Freifrau von Spiegel, Pierre Sauer und Joachim Corves. Siehe auch Beitrag "Schlossbrauerei Rheder".

 

"Wo das Herz der Bäckerei schlägt" - "Die meisten Backstuben stehen heute nicht mehr in der Altstadt sondern im Gewerbegebiet. Die Betriebe haben sich stark verändert." (ahe)

Am Beispiel der Bäckerei Engel mit Bernharde Engel wird dargestellt, wie Betriebe heute funktionieren. Dabei werden auch diese Betriebsdaten genannt: 1905 in Ovenhausen gegründet, heute Bäckerei mit 41 Filialen, 300 festen Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 22 Mio. Euro. Und man kann an einer Führung teilnehmen, ab 14 Uhr nach dem täglichen Produktionsende. Es folgen Adressen von anderen Bäckereien, die ebenfalls Führungen anbieten.

 

Der Brakeler Tierarzt Dr. Classen blickt auf seine aktive Zeit zurück

 

Dr. Wilhelm Classen praktizierte von 1952 bis 1990 als Tierarzt in Brakel. Das sind 38 Jahre Tätigkeit in einem Beruf, der geprägt war durch die medizinischen Versorgung ihres Viehbestandes und den vertrauensvollen Umgang mit den Landwirten. Er erlebte in dieser Zeit die rasante Weiterentwicklung der Methoden und Möglichkeiten in der Veterinärmedizin und gleichzeitig die sich wandelnden wirtschaftlichen Bedingungen und Anforderungen für die Tierhaltung insgesamt.

 

Großtiere wie Rinder, Schweine und Pferde, gelegentlich auch Ziegen waren das Hauptgeschäft der Tierärzte. Erst später an den 1970er Jahren kamen auch die Kleintiere hinzu, für die er die Praxis in der Nieheimer Straße einrichtete. Großtiere hatten damals noch einen relativ hohen wirtschaftlichen Wert und die Kosten einer individuellen Behandlung der erkrankten Tiere lohnten sich für den Landwirt.

 

Ein zweiter Aufgabenbereich war die amtlich bestellte Tier- und Fleischbeschau, bei der die Schlachttiere auf ihre Gesundheit überprüft wurden. Es sollte ja sicher gestellt sein, dass nur gesundes und einwandfreies Fleisch in den Handel kam.

 

Ich hatte im März 2016 Gelegenheit, mit Dr. Classen darüber zu sprechen und gebe hier einige Sätze aus der Erinnerung als Zitat wider.

 classen 1603 1 Kopie

Zur Person

 

Wilhelm Classen ist 1925 im Rheinland als Sohn eines Beamter in Viersen geboren. Nach dem Studium der Veterinärmedizin in Gießen kam er 1952 nach Brakel, wo er eine Stelle als Assistenzarzt in der Praxis von Dr. Harry Nutt antrat. Mitte der 1950-er Jahre heiratete er dessen Tochter Ilse Nutt und führte ab 1962 die Praxis selbständig. „Zehn Jahre als Assistenzarzt, das war eine lange Zeit, aber meine Schwiegervater wollte noch nicht so früh ‚auf der Holzkiste am Ofen sitzen‘, wie dieser immer sagte!“

 

Die Dissertation von Dr. Classen beschäftigte sich mit der Verbreitung von Parasiten wie Leberegel und Lungenwürmer. Die Ergebnisse flossen in eine bundeweite Erhebung des Hygienezustandes im Nachkriegsdeutschland ein.

 

Auch diese Aspekte sind mit einer langen Tätigkeit verbunden, das Arbeitsethos und der Umgang mit Tier und Mensch. „Der tierärztliche Beruf ist kein Gewerbe“, so steht es im §1 der Bundestierärzteordnung „er ist seiner Natur nach ein freier Beruf. Die/der Tierärztin/Tierarzt ist der berufene Schützer der Tiere“. Nur mit einem solchen Verständnis kann man sich auch den dauerhaften Respekt und die Anerkennung erwerben. 

 

Denn im Umgang mit Tieren sind Einfühlungsvermögen, nicht selten auch viel Geduld sowie schließlich auch gewisse Haltung und nicht zuletzt auch reine Körperkraft notwendig. Teilweise ist die Arbeit als Nutztierarzt ein Knochenjob, so kann man es ausdrücken. 


Einen geregelten Arbeitsalltag gibt es für Tierarzt auf dem Land nicht. So musste er auch z. B. nachts oder an Wochenenden und Feiertagen helfen, ein Fohlen, Kalb oder Lamm zur Welt zu bringen und auch Koliken und Milchfieber behandeln. Ein Tierarzt für Nutztiere ist quasi ständig auf Abruf. Überall kann mal etwas Unvorhergeshenes passieren. Das ist eine große Herausforderung auch für das Privatleben und die Familie. 

 

Man kann sich vorstellen, dass diese Arbeit ohne das Verständnis und intensive Mitarbeit seiner Frau Ille (Ilse) nicht möglich gewesen wäre. In den ersten Jahren fuhr die ausgebildete veterinärmedizinisch-technische Assistentin noch mit zu den Operationen auf die Höfe. Später, als die Kinder da waren, organisierte sie, häufig betitelt als „Frau Doktor“, die Abläufe in der Praxis zuhause. Sie war zuständig für die Medikamentenabgabe, ebenso Ansprechpartnerin für die Bauern und sie hatte immer ein offenes Ohr und Herz für deren Anliegen.

 

Streiflichter aus seiner Tätigkeit

 

Das von Dr. Classen betreute Revier waren diese Orte: Brakel, Schäferhof, Bellersen, Abbenburg, Bökendorf, Hembsen, Beller, Erkeln, Tietelsen, Rheder, Riesel, Istrup und Schmechten.

 

Am Anfang seiner Tätigkeit in Brakel hatte er viel mit Hygienemaßnahmen zu tun. Für den Kreis Höxter war er als „Hilfstierarzt“ im Einsatz zum „Tuberkulinisieren“, so die beiden Originalbegriffe. Die Tuberkulose war eine verbreitete Tierseuche, die großen wirtschaftliche Schäden verursachen konnte und die man durch eine Immunreaktion auszumerzen versuchte. Bildeten an der Impfstelle sich Quaddeln, so war das Tier positiv und musste aussortiert werden.

 

Auch die Brucellose, das Seuchenhafte Verkalben oder der Abortus Bang, eine Infektionskrankheit, die im letzten Drittel der Tragezeit zu Todgeburten führte, war danach im Visier des Veterinärdienstes. Sein Betreuungsrevier war immer eines der ersten, die den Status „frei“ erhielten. Bei diesen Aktionen waren auch Assistenzärzte der Universität Hannover im Einsatz. Darunter waren mal zwei Südamerikaner, ein Brasilianer (Ronaldo) und ein Guatemalteke, wie er erzählt!

 

Der erste Kaiserschnitt im Kreis Höxter fand in der Garage von Dr. Classen in Brakel statt. Ein Verfahren, das bei vermutlich schwierigen oder unmöglichen Geburten durch Falschlagen des Kalbes in der Gebärmutter zum Einsatz kam. Vorher mussten in solchen Fällen die Kälber im Mutterleib zerlegt werden, eine grausige Vorstellung. Auch Fremdkörper im Tier mussten mit Operationen entfernt werden. Abszesse an den Tieren nach Verletzungen oder grober Behandlung kamen nicht selten vor.

 stallthermometer

Besamungsschutzgebiet Hochstift

 

Ja man reibt sich die Augen, aber es gab tatsächlich um 1960 diese Vorschrift der vier Kreise im Hochstift zur Rinderzucht. Die Künstliche Besamung bei Rindern war praxisreif und sollte zur Entwicklung der Tierzucht eingesetzt werden. Doch hier im Hochstift befürchtete man eine Verengung der Zuchtlinien und der Verlust der lokalen Rassentypen. Erst als einzelne Betriebe, darunter der Schäferhof in Brakel, Ausnahmereglungen forderte, wurde diese Bastion gebrochen. In der Folge wurde die künstliche Besamung bei Kühen bald Standard.

 

Durch Einkreuzen von Bullen aus Zuchtlinien, die viel Milch gaben, stieg die Jahresleistung der Kühe in wenigen Jahrzehnten von etwa 4.000 auf einen Schnitt heute von knapp 10.000 kg Milch.

 

Damals waren die Spermaportionen nur in Thermobehältern gekühlt und noch nicht tiefgekühlt wie später. Das Frischsperma war nur ca. fünf Tage haltbar. Der Transport mit der Bahn erfolgte über den Bahnhof Brakel. Am Güterbahnhof war die Übergabe und dorthin mussten auch die nicht benötigten Portionen schnellstens zurück. Das war Expressdienst früher.

 

Arbeitsgeräte und Umgang mit Großtieren

 

Der erster Dienstwagen war ein gebrauchter VW-Käfer, ein klassischer Zweitürer, der gute Organisation beim Verstauen der ganzen Utensilien voraussetzte. Teilweise war er auch mit einer NSU Quickly und einem Rucksack im Einsatz! Er hatte einen metallenen OP-Koffermit medizinischen Geräten und eine aufklappbare Tasche mit weiterem Gerät und Medikamenten wie Jodsalbe, Melkfett, Kühlgel, Salben zur Linderung und Desinfektionslösung. Watte, Bandagen, Mullbinden mit Schere waren tägliches Einsatzmaterial.

 

Der Doktor trug bei offiziellen Anlässen schon mal auch den weißen Kittel, der aber die Tiere nur erschreckte. Im Regelfall war der graue Kittel die Arbeitskleidung - wenn er überhaupt einen solchen trug. Erst später kamen die heute üblichen leichten Overalls dazu. Auch so ein Satz von Dr. Classen: „Kittel hindern doch nur bei der Arbeit. Ein Tierarzt muss doch die Ärmel hochkrempeln und praktisch zu Werke gehen können“.

 

„Bitte Wasser, Seife und Handtuch bereit stellen“, das war der Standardsatz, wenn er bei seinen Besuch den Stall betrat. Man kann sich vorstellen, wie manchmal die knappen Handtücher früher aussahen. Und er wollte auch immer die Fiebertemperatur der kranken Tiere als Information haben, um zu sehen, in welche Richtung die Erkrankung geht. Einmal war kein Thermometer vorhanden und da half der „Eskimo“ genannte Kühlgerätehändler aus Brakel bei einem Landwirt mit einem Großthermometer - das dann aber nur bis 35 Grad anzeigte und damit nicht brauchbar war.

 

Gummihandschuhe, heute eine Selbstverständlichkeit und ein Eimalartikel, gab es zunächst auch nicht. Es folgten umständliche Versuche mit den Gummihandschuhen, die dann immer länger und dann auch im Material besser wurden.

 

Der Umgang mit Großtieren erforderte natürlich immer eine Portion Mut und große Achtsamkeit. Die Behandlungen erfolgtem im Stall oder auf dem Hof. Die Kühe waren angebunden und nicht so gefährlich, aber Bullen wurden meist in größeren Buchten gehalten und da musste man hinein. „In meinem Arbeitsstiefel, zuerst aus Leder, später aus Gummi, hatte ich immer einen Knüppel dabei.“ Und so bleibt er selbst, abgesehen von Rippenbrüchen und Prellungen, von schwereren Verletzungen verschont.

 

Der persönliche Umgang mit den Landwirten und Tierhaltern entwickelte sich so über Jahrzehnte und so er erlebte auch eine Teil Sozialgeschichte der Bauern mit. So war es in den 1950er und 60er Jahren noch üblich, sich nach schwierigen Operationen mit allen Helfern an den Tisch in der Küche zu setzen. Man besprach dann den Fall und gleichzeitig erzählte man sich „Dönekes“ aus dem Dorf und blieb so auf dem Laufenden. Gerade Tierärzte hatten nicht selten den Ruf, starke Raucher zu sein und gerne einen zu trinken. Dr. Classen hatte sich dagegen entschieden – aus Verantwortung gegenüber seinen Patienten, den Landwirten und besonders auch seiner eigenen Familie. Sonst wäre er vermutlich heute mit 90 Jahren nicht in einer so guten Verfassung.

 

Neue Entwicklungen

 

Zum Wandel seines Arbeitsgebietes berichtete er weiter: die Tierbestände bei den Schweinehaltern wuchsen und man strebte eine effiziente und wirtschaftliche Tierproduktion an. In den großen Ställen stieg aber auch die Anfälligkeit für Tierkrankheiten wie Ferkelhusten und Ferkelgrippe. Diese Infektionskrankheiten riefen die sog. „Autobahntierärzte“ auf den Plan. Sie gaben Arzneimittel wie Hormone (zur Zyklussteuerung) und Antibiotika ab, die die Landwirte dann selbst einsetzen durften. Auch in manchem Fertigfutter waren damals vorsorglich Medikamente in geringer Dosierung beigegeben. Das beobachtete er mit großer Sorge und war erleichtert als sich mit der vertraglichen Bestandsbetreuung durch Tierärzte eine neue Form der Tätigkeit durch setzte.

 

Auch erfreulich, dass die Offenheit für homöopathische Mittel bei Tierärzten und Landwirten mit der Zeit gewachsen ist. Echinacin war einer der ersten Pflanzenwirkstoffe gegen Infektionen und zur Stärkung des Immunsystems.  

 

Dr. Classen und die Pferde

 

„Ich kannte jedes Pferd in Brakel“. Wer so etwas sagt, weiß wovon er spricht. Kaltblut als Arbeitspferde waren seine Patienten am Anfang. Dabei ging es noch häufig um Hufkrankheiten. Später war es dann die Betreuung von Sport- und Hobbypferden, die seine Passion wurde. Im Reiterverein Nethegau Brakel war er trotz seiner knapp bemessenen Freizeit über Jahrzehnte in vielen Funktionen tätig und ist dessen Ehrenmitglied geworden. Er hat den Bau der drei Standorte der Reiterei maßgeblich mitgestaltet. Zuerst gab es den Umzug von der leerstehenden Halle der alten Zuckerfabrik in die Klöckerstraße und von dort schließlich mit dem Bau des großen Zentrums mit zwei Hallen in den Pahenwinkel. Zum 90. Geburtstag im November 2015 überraschte ihn der Verein mit dem Besuch einer Abordnung mit Pferden und einer Kutschfahrt.

 

classen30102020Eine Tätigkeit als Landtierarzt mit Großtieren gibt es heute kaum mehr. Die Kundenwünsche haben sich geändert und ohne intensive Kleintierbehandlung geht meist es nicht mehr. Doch fragt sich der alte Tierarzt, ob das sein muss, eine Diät von Hunden und Katzen nach Blutuntersuchung und ein gemeinsames Wellnesswochenende für Tier und Mensch?  

Dr. Wilhelm Classen stirbt am 27.10.2020 im Alter von 95 Jahren: Ich bin vergnügt, erlöst, betfreit. Gott nahm in seine Hände meine Zeit (H. D. Hüsch). Spenden anlässlich der Beerdigung gehen an den Reiterverein Nethegau. Mit Foto der Todesanzeige.  

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Kutschenkorso am 90. Geburtstag 2015 um die Meierei in Brakel. Auf dem Kutschbock Heiner Beckmann und Frau.
 Im März 2016 habe ich ihn in der Stadt getroffen

„Der Doktor und das liebe Vieh“

 

Man fühlt sich an die beliebte TV-Serie des nord-englischen Tierarztes
James Herriot
erinnert, wenn man die Dr. Classens Vita liest. Auch dieser fing als Assistenzarzt in einer

Landpraxis an, wurde dann Teilhaber und übernahm dann die Praxis schließlich. Skurrile Charaktere menschlicher und tierischer Art gehörten zu seinen Kunden. Es entstanden Geschichten, die das Leben schreibt, gewürzt mit viel englischem Humor.

Hinweis

 Dr. Andreas Diez, vier Jahre Assistent bei Dr. Classen, hat 1990 die Praxis übernommen
und führt sie als Gemeinschaftspraxis weiter.
Heute: Dres. Andreas Diez, Ulrich Mrugalla-Rox und Tierärztin Kristin Rox, Am Schützenanger 9a.  

http://www.tierarztpraxis-brakel.de/

K1600 tierarzt 1606 1
 K1600 tierarzt 1606 2  In dem Vitrinenschrank der Tierarztpraxis finden sich diese Geräte:
Mikroskop
Maulgatter
Geburtshilfe (Kälberstrick)
 K1600 tierarzt 1606 3 K1600 tierarzt 1606 4 
K1600 tierarzt 1606 5 K1600 tierarzt 1606 6
   

 

 

Um 1850 entstand als erstes Industrieunternehmen von Brakel eine Tabakfabrik in der Thystraße 22/23 (etwa in Höhe des alten Stadttores). eigentümer sind die jüdischen Kaufleute Sudheim und Rosenberg.

Aus 2 Beschäftigten vor 1850 wurden es 1874 bereits 80 Beschäftigte, davon 12 im Nebenerwerb. Aus 740 Zentner Tabak im Wert von 69.500 Mark wurden rund 400.000 Zigarren hergestellt. 1978 werden 5 Pressen und 13 Arbeitstische, verschiedene Gebäude genannt und ein Kapitalwert von 30.000 Mark angegeben. Kinderarbeit ist ein Thema: Erst 1903 wird die Kinderabeit in Preußen verboten.

Aber um die Zeit um 1900 ist die Tabakfabrik am Ende. Ulrich Ernst sieht das als ein Beispiel für gescheiterte erste Unternehmungsgründungen in Brakel im 19. Jahrhundert. 

CCI10022019   CCI10022019 0001
Kinderarbeit im 10. Jh. in Brakel
Quelle: Ulrich Ernst in Buch Brakel 1979
Personalstruktur der Tabakfabrik um 1875: 22 % Anteil Kinderarbeit 
Quelle: Budde / Hennig / Braun in Buch Brakel 1979


Dass mit der Tabakfabrik Verbindungen zur lokalen Landwirtschaft bestanden, ist unwahrscheinlich. Deutschen Tabakanbau gibt es nur in der Rheinebene südlich Frankfurt. 

Die beiden folgenden Gedichte stammen aus der Feder von Friedhelm Frintrop, Pächter von Gut Haverhausen wei sein Vater schon. Seit seinem Ruhestand wohnt er in Fölsen .

 

Getreideernte 2000: Mit Arbeitsbreite und High Tech

 

Der Korn ist reif, der Drescher klar,

Neu überholt wie jedes Jahr,

Die Zeit beginnt zu drängen.

Ob diese Riesenfläche kann

Ernten nur ein einz‘ger Mann

Solche Getreidemengen?

 

Zur Endzeit, die das Wetter wählt,

Wird schließlich der Ertrag gezählt.

Pro Hektar sind’s zehn Tonnen!

Und schon wird wieder nachgedacht,

Was man im nächsten Jahr noch besser macht

Und wieder neu begonnen.

 

Zehn Hektar Tagesleistung sind,

Ab Uhr zehn der Drusch beginnt,

Für einen einz’gen Mann zu machen!

Der Drescher frisst sich durch das Korn.

Bei Tag und Nacht mit Monitor’n

Ist er zu überwachen.

 

Mit den Preisen wir es schlechter sein.

Doch hofft man immer insgeheim,

Dass es wird wieder besser werden.

Gefordert ist Verbraucherschutz.

Doch hat der Bauer davon Nutz?

Es bleibt für ihn wohl schwer auf Erden!

 

Mit Arbeitsbreite und High Tech

Brummt durch die Flur ein Haufen Blech

Schier endlos seine Runden.

Mit angespanntem Nerv und Sinn

Sind Kaffeepausen nicht mehr drin

Und keine Mußestunden.

 

 

Getreideernte um 1950: So war die alte Zeit

 

Das Korn ist reif, s’ist Erntezeit!

Bereit sind Mensch und Pferde.

Traktor’n und Binder steh‘n bereit,

auf dass gut Wetter werde.

 

Ein jeder Wagen wird mit Fleiß

An Garben hoch beladen.

Da rinnt so mancher Tropfe ‚Schweiß,

Ein Wasser kann nicht schaden.

 

Gebraucht wird jede rege Hand

An guten Erntetagen.

Wer wann und wo steht seinen Mann

Sind keine off’nen Fragen.

 

Der Höhenförd’rer monoton

Er rattert in der Scheunenhitze.

Gefüllt ist manches Fach nun schon

Bis in des Daches Spitze.

Die Sense zieht die erste Bahn,

Die Garben handgebunden.

Dann zeigt der Bulldog, was er kann

Mit Binder in den Runden.

 

Wir am Abend dann gezählt

Und waren’s Fuder dreißig.

So hat man sich genug gequält,

Dann waren alle fleißig.

Jetzt werden Garben aufgestellt

In Stiegen und in Hocken.

Und wenn nicht zu viel Regen fällt,

dann sind sie auch bald trocken.

 

Wenn eingefahr’n der Ernte Rest –

Mit Tanzen und mit Trinken, Essen

Lässt dann am End das Erntefest

Die Schwerstarbeit vergessen.

Man hofft, das Wetter bleibt nun fest.

Ein Regentag bringt Pausen.

Doch jetzt ein Regenmonat lässt

Den Bauern schlicht ergrausen.

 

Das Bauernleben ist sehr rau,

Der Fortschritt ist noch träge.

Es ist fast alles „Bioanbau“ -

Entsprechend die Erträge.

Der Wagen, drauß‘ im Feld bewährt,

Gezogen von zwei Pferden.

Doch weil ein Traktor schneller fährt,

Muss umgestellt nun werden.

 

So war die gute alte Zeit,

Voll Freud und auch voll Plage.

Doch wir erinnern uns mit Dankbarkeit

Zurück an lang vergang’ne Tage.

Sie sind heute noch zu finden, Elemente des Dankes für die gute Ernte. Bei Wetterkatastrophen (Hagel, Flut) oder Tierseuchen wird uns das manchmal etwas bewusster als sonst. Die Ernte ist ein Produkt aus der Kraft der Natur und dem menschlichen Können. Denn im Supermarkt ist ja immer alles verfügbar. Nebenbei: Auch eine Regionaltheke (z. B. vom Kulturlandkreis Höxter) gibt es dort nicht selten.

Erntedanksonntag

Den gibt es schön lange. Mit Früchten und Blumen werden um den 1. Oktober die Altäre geschmückt und in Kolumnen von der schönen Landwirtschaft geredet. Aber bitte ohne Chemie und Gülle usw. Doch das Bild wandelt sich und wird nüchterner. Es gibt eine Menge Diskussionsbedarf über die Landwirtschaft von heute. Der Warburger Erntedankmarkt (seit 1991!) trägt zu dem Dialog Landwirt/Verbraucher bei.

Letzter Erntewagen

Früher war es auf großen Betrieben und Gutshöfen üblich, den letzten Erntewagen zu schmücken und gemeinsam einzufahren. Danach gab es eine Feier mit Essen und Trinken als Höhepunkt der erfolgten Ernte.


Hier gehte zu

Erntehahn

An manchem Scheunentor findet sich heute noch ein Erntehahn. Er bekommt jedes Jahr neuen Eierschmuck als Sinnbild der Fruchtbarkeit.

Erntekrone

Die aus langen und kurzen Getreidehalmen gebundene Krone ist drei- oder vierstreifig. Es werden neben Weizen und Gerste auch Hafer und Roggen verwendet. Kränze hängen in Dorfhallen, bei der Landwirtschaftskammer, Landvolkshochschule Hardehausen und anderen meist öffentlichen Orten.

Es ist immer gut, einmal im Jahr inne zu halten und danke zu sagen für die gute Versorgung mit landwirtschaftlichen Produkten und den Landwirten für ihre Arbeit zu danken.

Hier ging es zu Manuskript: "Überliefertes Brauchtum der Vorfahren" aus Entrup. Vom Brauchtum zu den Feiertagen, aber auch zum ersten Weidegang, Brotanschnitt und Krautwein, über die Hofbank, die Hochtzeitsbräuche und anderes wird brerichtet. - Das Manuskript ist nicht mehr online. 

krautbund

Buch Die Krautweihe der Borgholzer Landfrauen von 2002


Die Tradition des Krautbundsammeln und der Kräuterweihe ist in einigen Orten wiederbelebt worden. So im Südkreis, aber auch in Brakel und anderen 
Orten, z. B. in Sandebeck und in Bödexen mit dem Köterberg als Hausberg. Meist um die 20 Kräuter werden hinein gebunden.

 

Diese magischen Sieben sind immer dabei: 

  • Königskerze, Schafgarbe, Beifuß, Kamille, Rainfarn, Spitzwegerich, Johanniskraut oder Pfefferminze.

Wildkräuter aus dem Garten wie Zinnkraut, Boretsch oder Goldrute kommen ebenfalls hinein. Auch einige Getreidehalme (Gerste, Weizen, Roggen) sollten hinein gebunden werden.


Die Pflanzen werden im August gesammelt, zum Krautbund gebunden und am Fest Mariä Himmelfahrt (15. August) gesegnet und aufgehängt. Sie geben nach katholischem Brauch Heil- und Segenskräfte ab.


In Siddessen (Herbert Dohmann, Siddessen 1992, S. 72) bestand der Bund aus: Dosten, Feld-Thymian, Wermut, Rainfarn (oder Jakobskraut), Hartheu, Odermenning, Schafgarbe, Goldklee, Hasenklee, Zwiebel, Kratzdistel und Getreideähren. 
Das Bund wirkt in Haus (für Kindersegen, gegen Blitzschlag) und im Stall. Früher gab man kalbenden Kühe oder kranken Tieren von den Kräutern zu fressen. Heute erinnern sie uns an die Heilkraft der Natur.  

In Großeneder wurde 2001 der Brauch wiederbelebt durch den Heimatverein und ist seitdem wieder fester Bestandteil der Dorfkultur. In einer Gemeinschaftsaktion werden Pflanzen gesammelt und an langen Tischen zum Binden vorbereitet. 

 

Literatur

  • Wochenblatt 2011/33, Elisabeth Budde: „Nach dem Kraut fürs Bund geschaut“. Hiltrud Müller macht sich mit einigen Landfrauen aus Brakel auf die Suche nach Pflanzen.
  • Elisabeth Held (1982): Krautweihe im Warburger Land - Ein Beispiel für einen alten christlichen Brauch. Verlag Schönigh, Paderborn. Reihe Hardehauser Historische Beiträge, Hrg. Landvolkshochschule Anton Heinen Hardehausen. Mit einem Anhang mit Hinweisen zur Pädagogik, Liturgie der Kräutersegnung und Segensgebeten 
  • Borgholzer Landfrauen (Marlene Giefers, 2002) Die Krautweihe. Heft in Spiralbindung

Beim der Beschäftigung mit dem Thema sind mir einige Orte und Personen besonders aufgefallen.

Orte

Lorenzdorf/Kreis Wreschen

(Quelle: Buch Jürgens)

Zwei ehemalige Güter werden ab 1895 aufgesiedelt. Von 240 ha Land ist die Rede. Lorenzdorf ist Zentralort für Scherze, Schondorf, Entenau und Neudorf. In dem locker bebauten Reihendorf gab es eine Kirche, 3 Schulen (2 deutsche, 1 polnische), eine Molkerei und eine Raiffeisenkasse, dazwischen einige polnische Arbeiterkaten. 45 Hofstellen sind im Lageplan verzeichnet.

Interessant ist noch diese Information: 1918 haben 18 Familien verkauft und demnach sind 27 bis 1945 geblieben.

Auf Gut Scherze (3 km) sind es 30 Hofstellen. In Entenau, das bereits 1795 von Deutschen besiedelt, aber wieder verlassen worden war, gab es 10 Siedlerstellen. In Schondorf wurden 6 Warburger Familien und einige andere „angesetzt“. Für Neudorf werden keine Personen genannt.

Alt-Patschkau/
Oberschlesien

Nach dem Krieg entstand die sehr aktive Heimatgruppe (Heimatgruppe Patschkau und Umgebung). Partnerstadt wurde Einbeck. Dort gibt ein Vertriebenenmuseum. Die Heimatgruppe hat sich 2016 dem „Neisser Kultur- und Heimatbund“ Hildesheim angeschlossen. Vgl. www.patschkau.de

Personen

Hans-Hermann Reinking
(von Gut Dalheim Georg Reinking)

Quelle: Buch Jürgens

Reinking ist mit einer Baronin verheiratet, kauft das Rittergut Pierschno (Krs. Schroda/Posen). Er nimmt an beiden Weltkriegen als Ofizier teil. Dazwischen wird er Bevollmächtigter für mehrere Güter in der Provinz Posen. 1946 ist er in Warburg und arbeitet an der Bahnspedition. Dann ist er in einer Firma in Reutlingen tätig. 1966 geht er in den Ruhestand.

Josef Mikus

(aus Auenhausen)

Quelle: Buch Jürgens

Josef Mukus siedelt 1895 auf Gut Scherze, einem Teilort von Lorenzdorf und bekommt 21.5 ha Land. Sohn Paul ist mit Katharina Zwinge verheiratet und bekommt nach der Vertreibung eine Stelle in Gehrden-Charlottenhof.

Josef Zwinge

(aus Löwen)

Quelle: Buch Jürgens

Auf Stelle 9. Sohn Heinrich hat vier Kinder, darunter Tochter Toni verh. mit Karl Berendes, der auf einer Stelle in Schönthal siedelt. Tochter Katharina ist mit Paul Mikus verheiratet (s. oben).

Otto Dürdoth

(aus Manrode)

Quelle: Buch Jürgens

Von Otto Dürdoth gibt es eine private Chronik. Er war mit Luise Glade, ‚Tochter von Friedrich Glade (aus Großeneder) verheiratet. Sein Neuhof hatte 14.5 ha und kostete 15.000 RM. Dazu kamen für Gebäude 18.000 RM. Nach 1945 in Daseburg ansässig.

Willibald Thanheiser

(1935-2008, Hardehausen)

Aus Alt-Patschkau. Langjähriger Vorsitzender des BdV (Bauernverband der Vertriebenen) Kreis Warburg und Höxter. Er war über Jahrzehnte treibende Kraft vieler Treffen und Fahrten der Vertreibenen aus dem Südkreis. 1956 bekam er eine Siedlerstelle in Scherfede, danach 1972 in Hardehausen. In Scherfede hatte das Hochwasser von 1965 die Betriebsstätte schwer geschädigt und auch die Fa. Lödige wollte expandieren.

Dr. Arwed Blomeyer

(Brakel)

Dr. Blomeyer (geb. in Namslau/Niederschlesien (www.namslau-schlesien.de). Vater ist Adolf Blomeyer.Nach der Vertreibung fasst im Kreis Herford Fuß. Dr. Blomeyer Geschäftsführer des Bauernverbandes der Vertriebenen (BdV) mit Sitz in Berlin (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!). Der Bauernband d. V. ist assoziiert mit dem DBV (Deutschen Bauernverband).

Der BVdV setzt sich dafür ein, dass die erlebte Geschichte, besonders die der Vorkriegs-, Kriegs- und Nachkriegszeit an die nächsten Generationen weitergegeben wird.

Beim der Beschäftigung mit dem Thema sind mir einige Orte und Personen besonders aufgefallen.

 

Orte

 

Lorenzdorf/Kreis Wreschen

(Quelle: Buch Jürgens)

Zwei ehemalige Güter werden ab 1895 aufgesiedelt. Von 240 ha Land ist die Rede. Lorenzdorf ist Zentralort für Scherze, Schondorf, Entenau und Neudorf. In dem locker bebauten Reihendorf gab es eine Kirche, 3 Schulen (2 deutsche, 1 polnische), eine Molkerei und eine Raiffeisenkasse, dazwischen einige polnische Arbeiterkaten. 45 Hofstellen sind im Lageplan verzeichnet.

Interessant ist noch diese Information: 1918 haben 18 Familien verkauft und demnach sind 27 bis 1945 geblieben.

Auf Gut Scherze (3 km) sind es 30 Hofstellen. In Entenau, das bereits 1795 von Deutschen besiedelt, aber wieder verlassen worden war, gab es 10 Siedlerstellen. In Schondorf wurden 6 Warburger Familien und einige andere „angesetzt“. Für Neudorf werden keine Personen genannt.

Alt-Patschkau/
Oberschlesien

Nach dem Krieg entstand die sehr aktive Heimatgruppe (Heimatgruppe Patschkau und Umgebung). Partnerstadt wurde Einbeck. Dort gibt ein Vertriebenenmuseum. Die Heimatgruppe hat sich 2016 dem „Neisser Kultur- und Heimatbund“ Hildesheim angeschlossen. Vgl. www.patschkau.de

 

 

Personen

 

Hans-Hermann Reinking
(von Gut Dalheim Georg Reinking)

Quelle: Buch Jürgens

Reinking ist mit einer Baronin verheiratet, kauft das Rittergut Pierschno (Krs. Schroda/Posen). Er nimmt an beiden Weltkriegen als Ofizier teil. Dazwischen wird er Bevollmächtigter für mehrere Güter in der Provinz Posen. 1946 ist er in Warburg und arbeitet an der Bahnspedition. Dann ist er in einer Firma in Reutlingen tätig. 1966 geht er in den Ruhestand.

Josef Mikus

(aus Auenhausen)

Quelle: Buch Jürgens

 

Josef Zwinge

(aus Löwen)

Quelle: Buch Jürgens

 

Otto Dürdoth

(aus Manrode)

Quelle: Buch Jürgens

Von Otto Dürdoth gibt es eine private Chronik. Er war mit Luise Glade, ‚Tochter von Friedrich Glade (aus Großeneder) verheiratet. Sein Neuhof hatte 14.5 ha und kostete 15.000 RM. Dazu kamen für Gebäude 18.000 RM. Nach 1945 in Daseburg ansässig.

Willibald Thanheiser

(Hardehausen, 1935-2008)

Aus Alt-Patschkau. Thanheiser war langjähriger Vorsitzender des BdV (Bauernverband der Vertriebenen) Kreis Warburg und Höxter.

Dr. Arwed Blomeyer

(Brakel)

Dr. Blomeyer ist in Namslau/Niederschlesien geboren (www.namslau-schlesien.de).

Dr. Blomeyer Geschäftsführer des Bauernverbandes der Vertriebenen (BdV) mit Sitz in Berlin (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!). Der Bauernband d. V. ist assoziiert mit dem DBV (Deutschen Bauernverband).

Der BVdV setzt sich dafür ein, dass die erlebte Geschichte, besonders die der Vorkriegs-, Kriegs- und Nachkriegszeit an die nächsten Generationen weitergegeben wird.

Zahlen für Schlesien und andere Gebiete

Den Warburger Akten konnte Walter Jürgens diese Zahlen entnehmen:

1926 26 Familien

1927 40 Familien, einige auf eigenen Faust unterwegs

1928 59 Familien für Niederschlesien

1929 69 Familien für Ober- und Niederschlesien

1933 71 Bewerber

1936 vorläufiges Ende der Siedlungstätigkeit

Zusammenstellung Schlesien 1926-36

Oberschlesien 195 Siedler aus 33 Orten
Niederschlesien 43 Siedler aus 18 Orten

In der Liste mit 21 Personen aus anderen Orten (nicht Warburg) befinden sich 9 Namen aus dem Altkreis Höxter: Eikermann (Bruchhausen), Mürmann, Spiekmann (Reelsen), Nutt A. und H. (Tietelsen), Ostermann (Brenkhausen), Sanders (Jakobsberg), Spieker (Beverungen), Wieners (Dalhausen), Zuwehne (Ottbergen).

Zusammenstellung Warburger Siedler in anderen Gebieten

Mecklenburg 16 Siedler aus 10 Orten
Ostpreußen 6 Siedler aus 4 Orten
Westpreußen 5 Siedler aus 5 Orten
Brandenburg 4 Siedler aus 2 Orten
Sachsen 2 Siedler aus Hohenwepel

Das ergibt sage und schreibe insgesamt 420 Siedler in 10 Jahren! Zusammen mit den 100 Siedlern in der Provinz Posen sind es über 500 Familien, die sich auf die große Reise gemacht haben. Die Hoffnung endete für die meisten jäh mit dem Einmarsch der Roten Armee 1945.

   

Sie kamen laut Register aus 29 Orten. Über 20 Siedlern verließen jeweils diese Orte: Natzungen, Borgholz, Großeneder, Borgentreich, Germete, Körbecke, Manrode, Natingen.

Spitzenreiter bei den Namen sind: Aufenanger, Derenthal, Dierkes, Fehring, Fuest, Gievers, Ischen, Kiene, Klenke, Knoke, Kröger, Menne, Mikus (11), Müller, Nolte (10), Nutt, Richter, Robrecht, Rose (9), Tewes, Wiegartz (10).