Die Arbeit von Thorsten (2004) Beine beschäftigt sich auch mit der Arbeitsverfassung der damaligen Zeit. Diese ist hier natürlich auch von Interesse, weil sie interessante Einblicke in die Arbeitswelt einer Zuckerfabrik geben. Es folgen überwiegend Zitate von den Texten der Ausstellung 2004 in Brakel.

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 Wilhelm Kiel ist Spender des großen Leuchters

der 1912 erbauten evanglischen Kirche in der Bahnhofstraße.

Vgl. Brakeler Schriftenreihe, Heft 24 (2012):

Bernd Zymner, 100 Jahre Auferstehungskirche in Brakel


Der Direktor
Zur Person des ersten Direktors, Wilhelm Kiel, findet sich folgender Hinweis:

„In Brakel, einer kleinen katholischen Landstadt übernimmt der erst 28-jährige Zuckertechniker Wilhelm Kiel den Posten des Generaldirektors der dortigen „Actien Zuckerfabrik Brakel“. (…) Er, als Vertreter des aufstrebenden Bürgertums , Protestant und Angehöriger der Landwehr, ahmt den jungen Kaiser nach (ergänzt: Wilhelm II, 29 Jahre): Die Porträtaufnahme aus dem Atelier Hoopmann in der Brakeler Bahnhofstraße zeigen einen selbstbewussten , schneidigen Herrn in Uniform, wilhelminische Entschlossenheit in den Augen. Selbst der Oberlippenbart nimmt (die gleiche) Haltung ein.“

Und zu den Aufgaben und Bedingungen des Direktors ist Folgendes vermerkt:

„In kleineren Zuckerfabriken war es üblich, das ein Direktor oder Inspektor die beiden wichtigsten Funktionen des Betriebes, den kaufmännischen und technischen Bereich, leitete.“ (…)

Das oftmals zu beobachtende Zurücktretens der kaufmännischen Kompetenz der Direktoren in den Zuckerfabriken zeigte sich auch in der vielfach durch die von den Vorständen der Aktienzuckerfabriken selbst wahrgenommenen kaufmännischen Dispositionen  wie zum Beispiel die Entscheidungen über die regelmäßig erfolgenden Verkäufe des Rohzuckers. (…) Es war üblich, ihnen neben einem festen Monatsgehalt auch eine vertragliche vereinbarten fixierten Gewinnanteil zu zahlen, zumeist zwischen 3 und 5 % des Reingewinns. (…)

Außer einer Beteiligung am Gewinn standen den Direktoren umfangreiche Deputate zu, namentlich eine mietfrei zu benutzende Dienstwohnung einschließlich eines Gartens. (…) Schließlich gewährte man ihm auch eine entsprechend Menge unentgeltlichen Zuckers, meist 50 kg, gelegentlich auch 1200 kg pro Jahr.“

Es wurde zwei Fotos des Direktor in der Ausstellung gezeigt, das Porträt und das Foto: Das „Ehepaar Kiel auf großer Fahrt“.

Die Angestellten

Als Angestellte oder „Fabrikbeamte“ werden neben dem Direktor aufgeführt: Betriebsassistenten, Buchhalter, Chemiker, Siede-, Maschinen- und Waagemeister, Aufseher, Nachtwächter und Kontorboten. Zunächst herrschte die rein handwerkliche Ausbildung vor, während bald Akademiker hinzu kamen, die ein naturwissenschaftlich-technisches Studium der Zuckerindustrie absolviert hatten.
Anmerkung: Mitarbeiter aus der Buchhaltung hatten durchaus einen Sonderstatus oder Beamtenstatus, was auch im Verdienst und Sonderleistungen des Unternehmens wurde. Sie saßen an ein Schnittstellen, wo sie mit staatlichen Behörden zusammen arbeiteten.


Die Arbeiter

Die Arbeiterschaft setzte sich aus Stamm- und Saisonarbeitern zusammen. Man unterschied hinsichtlich der Qualifikation nach

- gelernten  Arbeitern wie Handwerker, v. a. Kupferschmiede,  Mauer, Schlosser und Zimmerleuten. Hoch spezialisiert waren die Maschinisten, Heizern und Zuckerkocher. Mit Kontroll-, Bedien- und Überwachungsarbeiten hielten sie das Räderwerk der Fabrik in Gang: Strom, Dampf und Kristallisation. Sie waren auch im Krieg vom Wehrdienst frei gestellt. 

- ungelernte Arbeitern, die oft gegen Festgeld bestimmte Hof-, Erd- und Reinigungsarbeiten durchführten. Hierzu gehörten auch Wanderarbeiter, die nach einigen Mobnaten Einsatz wieder zurück in ihre Heimat fuhren.

„Daneben beschäftigten die Zuckerfabriken aber auch Arbeiter anderer Unternehmen, die im Sommer mit genau festgelegten Arbeiten beauftragt wurden. Dabei konnte es sich um Monteure handeln , die neue Betriebseinrichtungen installieren oder andere Handwerker aus der näheren Umgebung wie Schmiede, Maurer und Tischler. (…) Das Gros bildeten (…) ungelernte Arbeiter, die im Akkord oder gegen Festhonorar Reinigungsarbeiten (…) vornahmen.“
Die Beschäftigung von Kindern unter 14 Jahre spielten in der Produktion keine Rolle. „Dagegen setzte man sie beim Verladen und insbesondere beim Verziehen der Rüben in den Ökonomiebetrieben zusammen mit Frauen ein.“