Es war ein langer Weg, schreibt Franz Gemmeke in der Zeitschrift Die Warte Nr. 41 (1984, S. 23-24), von der Entdeckung des Rübenzuckers 1747 bis zur ersten Fabrik in Deutschland 1801.

Brakels Zuckerfabrik von 1881 war die erste in Westfalen, es folgten Soest 1883 sowie Warburg und Lage 1884. Er berichtet weiter, dass ein Großteil der Rüben durch Selbstanlieferung mit Pferdewagen erfolgte. Und im Vorteil waren die, die zweimal täglich mit zur Fabrik fahren konnten. Danach die, die nur einmal den Weg machen konnten. Der Bahntransport zu den Zuckerfabriken erfolgte allgemein bis in die 1970-er Jahre, dann wurde er von den Lkw-Flotten abgelöst.

Er berichtet weiter: Bereits 1882 waren 200 Arbeitskräfte vorhanden, darunter 12 ‚Beamte‘. Es finden sich Hinweise über eine betriebseigenen Krankenversicherung und Regelungen für die Beschäftigung Jugendlicher.

N
ach 45 Kampagnen war im Jahr 1928 Schluss mit der Fabrik in Brakel. Über die Gründe mutmaßt er: Vorteile neuer Standorte, größere Mobilität der Rüben (Transport) oder Missmanagement der Fabrik.

Anmerkung:
So nimmt die Zuckerfabrik Warburg die Rüben aus dem Nordkreis (soweit sie nicht nach Lage gehen) auf. Ein signifikanter Anstieg der Verarbeitungsmenge ist in Warburg allerdings nicht eingetreten oder nicht deutlich auffällig geworden. Schließlich, das sei hier nachträglich ergänzt, werden die Soester Rüben seit ca. 1995 ebenfalls per Lkw über die Autobahn nach Warburg gebracht. 

 

Interessant ist, wie die Zuckerfabrik Warburg im Anhang des Buches Jürgens (Warburger Handwerke und Bauern siedeln im Osten) von 1970 die Vorteile von Rübenanbau und Fabrik darstellt. Daraus einige Auszüge.

Der Anbau von Zuckerrüben bringe zahlreiche Vorteile für den Ackerbau: “durch pfleglich-intensive Beackerung, Bearbeitung und Düngung der Äcker“, sie sei die beste Vorfrucht für Getreide. Das reichlich anfallen Rübenblatt steigere die Milchleistung und die Fleischproduktion. Auch arbeitswirtschaftliche Vorteile werden benannt wie die Entzerrung von Feldarbeitszeiten. Auch sei „der Realwert des Ackerbodens angehoben, die Existenzgrundlage  der bäuerlichen Familien verbessert und gesichert“ worden. Schließlich wird hervorgehoben, dass die „steigende Betriebs- und Geldwirtschaft der heimisch-bäuerlichen Bevölkerung“ positive Auswirkungen habe für die Geschäftswelt der Stadt, die somit „teilhabe am Erntesegen der Warburger Börde“.

Anmerkung: In der Tat hätte die Fabrik in Brakel ebenfalls auf Dauer die monetären und Vermögensvorteile hervor gebracht. Durch die Zuckermarktordnung der EU bekamen alle Beteiligten finanzielle Sicherheit. Nebenbei auch dieses: Die Zuckerrüben werden seit langem nicht mehr „mit den Augen einer Kuh“ gedüngt. Ziel sind „blonde“ Rüben, also Rüben mit hellem Blatt und damit einer gewissen Unterversorgung von Stickstoff. Weil damit das Qualitätsmerkmal „ausbeutbarer Zucker“ zusammenhängt und danach abgerechnet wird.   

 

Zu Anbau und Ernte der Zuckerrüben

Zuckerrüben sind eine  Sommerkultur. Sie werden ab März in feinkrümeligen Boden „gelegt“, d.h. als Einzelkeimling im Endabstand gesät. Das Massenwachstum setzt ein, wenn die Rübenblätter der Reihen sich berühren, dann ist „Bestandesschluss“, so um Anfang bis Mitte Juni.  Der Zucker wird zunächst für das Wachstum verbraucht. Erst ab September, wenn die Nächte kühler werden, reichert sich der Zucker an, dann wird er auch nicht mehr „veratmet“ durch nächtlich Stoffwechselvorgänge. Deshalb beginnt die Ernte ab Mitte September und endet Anfang/Mitte Dezember.

Klar ist auch, dass die besondere Witterungsbedingungen die normale Ernte beeinträchtigen können. Durch Trockenheit bekam man teilweise die Rüben nicht aus der Erde, dann folgte teilweise oberflächliche Vernässung (Schmiere), so dass einfache Roder und Erntewagen nicht auf den Acker konnten. Die ersten 6-Reiher-Roder (heute Standard) versanken teilweise bis zur Achse und mussten aufwändig geborgen werden. Bis etwa 1970 gab es teilweise so große Problem mit der Ernte, dass teilweise Bundeswehrsoldaten zum Ernteeinsatz kamen. Und die Fabrik musste herunter gefahren werden, weil nicht genug Rüben für die Verarbeitung zur Verfügung standen.  


Sogenannte Schlammschlachten auf dem Feld kommen heute praktisch nicht mehr vor, weil moderne Roder über große Reifen und Passgang verfügen und die Last sich so auf eine große Fläche verteilt.


Die ABC-Rübenanbauer der Fabrik Warburg


Die Betriebe Abbenburg, Beberbeck und Corvey waren jahrzehntelang die größten Rübenanbauer der Zuckerfabrik Warburg. Die hessische Staatsdomäne Beberbeck am Hang des Reinhardswaldes gehört zu Hofgeismar. Gut Abbenburg, Covey und auch der Schäferhof bauten zeitweise eine Fläche von jeweils um oder über 100 ha Zuckerrüben an. Die Zuckerrüben des Schäferhofes gehen allerdings nach Lage in das Werk der Zuckerfabrik Pfeiffer und Langen, Köln. Heute ist Frhr. von Weichs aus Borlinghausen größter Anbauer der Fabrik mit den Gütern Alfredshöhe, Schweckhausen u. a.  


Über die Zucker- und Rübenerträge


Um 1970 brachten normale Rübenernten 40 to Rüben und 16,5 % Zucker. Die Zuckermenge lag also bei 6,5 to je Hektar.

Bis in um 1990 waren Erträge von 45 to Rüben und 17 % Zucker Durchschnitt. Das ergab eine Zuckermenge von gut 7 to.
Heute, um 2015 liefern die Felder 80 to Rüben mit 18 % Zucker. Das ergibt die Zuckermenge von 14 to.

Für die nähere Zukunft werden auch 110 to Rüben mit 20 % Zucker für möglich gehalten.

Im Anbauranking Deutschland ist mittlerweile Südniedersachsen und Ostwestfalen auf dem zweiten Platz (nach Plattling und Straubing in Niederbayern). Grund ist eine jährliche Steigerung von 2 % der Leistungen hier in der Region. Die anderen Gebiete kommen nur auf 1 % Steigerung. Auf diese Weise sind das Rheinland und die Börden von Magdeburg, Braunschweig und andere etwas ins Hintertreffen geraten. War in den 1990er Jahren das Ende der Zuckerfabrik Warburg immer wieder im Gespräch, so ist heute keine Rede mehr davon. Das soll auch so bleiben.