Über die Ösker, die Kuhbauern, ihren Zugtieren und vom Brauchtum in Ikenhausen (Willebadessen)

Aus einem Artikel von Anna Grauten (2009):
Als wir noch mit Kühen ackerten – Eine Erinnerung aus Ikenhausen. In: Die Warte H. 144, 2009, S. 11-12

Die Autorin bezieht sich auf die Zeit vor 1950. Ein Ösker oder Kuhbauern hatte 20-30 Morgen (5-7,5 ha) und war hauptberuflich im Handwerk oder im Wald usw. tätig. Meist hatten diese kleinen Betriebe drei Kühe und Nachzucht. Für ein gutes Gespann war die Ziehkuh ausschlaggebend.


Die Fütterung der Tiere erfolgte oft durch Beweiden von Gemeinflächen, z. B. entlagn der 6 m-breiten Wege oder auf Weiden. Im Winter wurde das Futter meist knapp und die Tiere mussten im Frühjahr erst wieder Kraft und Stärke gewinnen.


Zur Kuhpflege dienste eine Kardetsche (weiche Bürste) und ein Kamm/Striegel zum Ausbürsten. Zusammen in linke Hand, rechte Hand gab es ein Wechselspiel auf dem Kuhfell. Außerdem gab es eine Wurzelbürste für Füße, einen Schwamm für den Kopf, einen Mähnenkamm für Pferde sowie einen Grünwedel im Sommer gegen die Fliegen.


Als Gerätschaften dienten ein Kuhgeschirr, die Schwüppe (Peitsche), ein Wagen mit eisenbereiften Rädern, mehrere Leitern, Heubäume sowie die Sägeschippe (Saatwanne).


Bezüglich Brauchtum nennt die Autorin den Spruch zum Heiraten („Heugen und Freyen sai manches ömesös - Heuen und Heiraten ist manchmal umsonst, also nicht unbedingt sicher). Nach der Ackerbestellung war ein Gebet mit Kreuzzeichen üblich: „In Gottes Namen lass alles einigermaßen wachsen, damit Mensch und Tier satt werden“.


Bei der Bittprozession im Mai und Bitten in der Kirche bei schlechten Wetterlagen wurde um eine gute Ernte gebetet. Bei Heimfahrt zum Hof wurde häufig gesungen, z. B. das Lied von Sehnsucht und Liebeskummer

    1. Drunten im Tale, wo Ostwind weht / Da stand Luise am Blumenbeet;
      Da stand 'ne Blume so weiß wie Schnee, ja Schnee / So eine Blume hab‘ ich noch nie geseh‘n.
    2. Ich wollt sie pflücken vor lauter Lust / Ich wollt sie drücken an meine Brust.
      Da sprach die Blume: "Verschone mich! / Ich blüh‘ am Morgen viel schöner noch für dich!"
    3. Am andern Morgen bei Tagesgrauen / Da ging Luise, die Blume zu beschauen,
      Da stand die Blume ganz blätterleer. / Ich hab‘ geliebet, ich liebe jetzt nicht mehr.
    4. Ich hab‘ geliebet, hab‘ auch gehoffet / Die sel'gen Stunden, sie sind verschwunden,
      Kann nicht mehr lieben, kann nicht mehr glücklich sein / Die schönste Blume, die heißt Vergissnichtmein.


Auch zitiert sie das dramatische Gedicht vom „Tod in Ähren“ von Detlev von Liliencron (1844-1909)

  1. Im Weizenfeld, in Korn und Mohn, liegt ein Soldat, unaufgefunden
    Zwei Tage schon, zwei Nächte schon mit schweren Wunden unverbunden,
  2. Durstüberquält und fieberwild, im Todeskampf den Kopf erhoben
    Ein letzter Traum, ein letztes Bild, sein brechend‘ Auge schlägt nach oben.
  3. Die Sense sirrt im Ährenfeld, er sieht sein Dorf im Arbeitsfrieden.
    Ade, ade du Heimatfeld – und beugt das Haupt und ist verschieden.