Vom Lob des Rindes: Ein Gedicht von Carl Zuckmayer (1896-1977)
Rinderlegende
Die Rinder sind vom Schöpfer ausersehen
Zu Trägern der Versöhnung durch die Welt.
Sie geben Milch und lassen gern geschehen,
Daß man sie nimmt und ganz für sich behält.
Ihr Blick ist braun und tief wie große Teiche
Im Sumpf, durch den sie stapfen voller Müh,
Nicht viele Tiere sind dem Himmelreiche
So nah wie Ochsen, Kälber oder Küh.
Und als das Kind geboren ward im Stalle,
War Ochs und Kuh dabei, damit es warm
Für Kind und Mutter sei, und wiegten alle
Die Häupter, wie sie´s wiegte auf dem Arm.
Und wenn die Kreatur von Wasser, Luft und Erde
Sich einst dem Paradiese naht am Jüngsten Tag,
Geht in der Mitte ruhig eine Rinderherde,
Wie sie´s zu aller Zeit auf Erden pflag.
So geht das Zebu auf dem gelben Acker,
Und unterm Acker geht die Wurzelmaus,
Und auf dem Zebu geht der Madenhacker,
Und auf dem Madenhacker geht die Laus.
Kommentar:
Herrlich, wie Carl Zuckmayer, das Rind hier beschreit:
Als Mitgeschöpf Tier, aber auch als Individuum und menschlicher Begleiter.
Und die Herde, sie nimmt den gleichen Weg wie wir beim letzten Gang,
zum Paradies "wie sie's zu aller Zeit auf Erden pflag (pflegte)".