Plattdeutsche Redewendungen bei der Arbeit und im Haushalt

Die Dorfbroschüre Herlinghausen (seit 2015) bringt auch Sprachbeispiele aus dem Alltagsleben, oft herling brosch 2020 10 24 09 33 30 Greenshotmit landwirtschaftlichem Bezug. Sie gehen zurück auf Frau Erika Reineke, geb. Sauerland, die im benachbarten Oberlistingen wohnt und ihre Kindheitserinnerungen aufgeschrieben hat. Auch eine private Chronik aus der Zeit der Evakuierung des Ruhrgebiets in den Kriegstagen ist vorhanden.

Das Herlinghäuser Platt ist ein westfälischer Regionaldialekt und mit dem Paderborner Platt eng verwandt.

Die Webseite www.herlinghausen.de bringt weitere Beispiel z. B. unter Straßennamen, Flurnamen.
Herlinghausen ist ein zur Stadt Warburg gehörender 500-Einwohnert-Ort an der Grenze nach Waldeck. Das Wappen zeigt 2 Sensen und die Dorfkirche. 

Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers Rainer Herwig, Ortsheimatpfleger

Arbeit (Schlepper holen)

„Nu lang din Trecker un din kläinen Wagen, datt we räi wert.“

Nun hol den Schepper und den kleinen Wagen, damit wir fertig werden.

Arbeit (Pferd anspannen, Futter holen)
"Karel, lang den Gul von der Schüre, wie mott uppe Bree un Klee langen. Vergitt nie widder däi Harke. Ick foire mo mitt dick un lecke datt Krut, süss wärdet tou drüge. Mott min Ludden nou langen.“

Karl, hol das Pferd aus dem Stall, wir müssen auf die Bree/Brede (Flurname) und Klee holen. Vergiss nicht wieder den Rechen. Ich fahr mal mit und gieße das Kraut, sonst wird es zu trocken. Ich muss noch meinen Mantel holen.

Arbeit (Ferkel, Katze, Heu)

Wenn wie räi sied mowe misten, däi Fickeln bruket nigget Stroh. Un lat däi Katten upp de Fruchtbühne damit säi däi Müse fanget.  Mouren mott de Willi äin Fouer Hoch vun Schöneberg langen for däi Köije.“

Wenn wir fertig sind mit dem Misten, brauchen die Ferkel neues Stroh. Und lass die Katze auf die Fruchtbühne, damit sie die Mäuse fängt Morgen muss der Willi ein Fuder Heu für die Kühe vom Schöneberg (Flurname) holen.

Arbeit (Verpflegung mitnehmen)

Christa un Hildegard willt midde ind Feld un hacken. - Dann make ick juch Braue un dinn Büll räi.“

Christa und Hildegard wollen ins Feld hinaus und (vmtl. Rüben) hacken. - Dann mache ich euch Braue (Kaffeeersatz- oder Fruchtsaftaufguss) und deinen Büll (Hefegebäck) fertig.

Haushalt (Wäsche aufhängen)

„Lorchen mott däi Lakens nou upphängen, datt se drüge werd.“

Hannelore muss dein Bettlaken jetzt aufhängen, damit sie trocknen werden.

Arbeit (Kartoffelernte)

Dei Kartuffel mosse nou hoch langen, wenn wie tourügge sied. Nou mak hin...“

Die  Kartoffeln musst du nun ausmachen, wenn wir zrück sind. Nun mach zu....

Arbeit (Kühe raustreiben)

„Mouren tribe we däi Köije upp de Wiese, dann wert däi Osse widder verrückt, wenne alleine im Stall blieben mott.“

Morgen treiben wir die Kühe auf die Wiese, dann wird der Ochse wieder verrückt, wenn er im Stall bleiben muss.

Haushalt (Hausschlachten)

„Friedach will de Hans schlachten. Mott säin, datt von den Wiebeslün kinner Puddegra hitt, süss werd de Wust nie un de Gläser gaiet upp.  Wie mott dann Mia un Mariechen Wustebroi gibben, däi konnt Suppe kucken.  Mak een Stücke Wellfliesch dabie, dann hattse watt un frogget sick.“

Am Freitag will Hans schlachten. Wir müssen sehen, dass von den Frauen keine ihre Periode hat, sonst wird die Wurst nichts und die Gläser gehen auf. Wir müssen dann Mia und Mariechen Wurstbrühe geben, damit sie Suppe kochen können. Mach noch ein Stück Wellfleisch dazu, dann hat sie was und freut sich.

Haushalt (Nach der Schule)

„Datt Ärka kann et juch bringen, wenn et ute Schoule kümmet. Datt kann dann de Äiere uten Heunerwiemen langen.“

Die Erika kann es euch bringen, wenn sie aus der Schule kommt. Sie kann dann die Eier von der Hühnerstange (Hünerstall) holen.

Haushalt (Kinder)

„Usse Bernd is da ungene bien Friedel, däi spielt Foutball mit dim Armin. Dann kanne ouk da ungene  wat itten. Wie hat nou Häiernwust un Wirsiggemoise.“

Unser Bernd ist unten bei der Friedel, er spielt Fußball mit Armin. Dann kann er auch da unten was essen. Wir hatten heute Häiern(?)-Wurst und Wirsinggemüse.

In der Kirche

„Sunndach gaiste in de Kärke, schlaf nie widder inn bie de Predigt. Ärka vertellt et mik. Datt passet upp.“

Am Sonntag gehst du in die Kirche, schlaf aber nicht wieder ein bei der Predigt. Erika wird es mir erzählen. Sie passt auf.

Redensarten 

“Caline, Calane, watt maket de Hahne?  Ei sitt uppen Wiemen un schitt Rosinen.“

Karoline, Karoline, was macht der Hahn? Er sitzt auf der Stange und scheißt Rosinen.

vgl. He geiht mit de Hühner op’n Wiemen (Er legt sich mit den Hühnern schlafen).

vgl. Se sitt opp de Bank as de Höhner op’n Wiemen ( Sie sitzen wie die Hühner auf der Stange).


Vom Alltagsleben und Brauchtum

Um Alltag, Leben und Tod ranken sich viele Gebräuche. Auch bei der Feldarbeit gab es manche Sitten.

Bei Tod und Aufbahrung

Aus dem Glauben, dass der Tod sich vorher ansagt, sind viele Vordeutungen erwachsen. Wenn das Käuzchen „Kläiwitt“ schreit, ein Hund sich vors Haus legt und heult, Raben krächzend um das Haus fliegen, ein Pferd vor dem Hause stehen bleibt und sich schüttelt, das Heimchen zirpt und die Totenuhr in der Wand tickt (Pochkäfer oder Totenuhr) so glaubte man, es müsse jemand sterben.

Manchmal gab es im Dorfe „Spökenkieker“ z.B. Schäfer, die hellsehen konnten und einen Leichenzug im Voraus sahen. Beim Nähen eines Totenhemdes durfte man keinen Knoten vor dem Faden machen, weil sonst die Seele darüber stolpert. War jemand gestorben, so verhängte man den Spiegel und hielt die Uhr an. Trat der Tod in der Nacht ein, so weckte man alle Hausgenossen.  Die Nachbarsfrauen wuschen und kämmten die Leiche, kleideten sie an und bahrten sie auf. Vor dem Begräbnis wurde die Leiche noch kurze Zeit auf der Diele aufgebahrt.

Schon In der Edda (Germanische Heldensagen) ist noch zu lesen:

„Ein Hügel hebe sich dem Hingegangenen/ gewaschen seien Haupt und Hand / zur Kiste komme er gekämmt und trocken / und bitte, dass er selig schlafe.“

Vom Backen, Brot und Brötchen

Alle, die Korn gesät hatten, backten auch ihr Brot. Entweder verfügte man über einen eigenen Backofen oder man backte in Nachbarschaften oder im Backhaus. Der Teig wurde in einem großen Backtrog bereitet und mit Sauerteig durchmischt. War der Teig fertig, so zeichnete man ein Kreuz darauf. Möglicherweise ist dies an die Stelle eines alten Zaubers getreten; wie nach germanischem Volksglauben die Unholde gerne frisch gebackenes Brot stehlen. War es aber gezeichnet, so konnten sie es nicht berühren.

Vom besten Hafer trocknete man eine Menge im Backofen und mahlte daraus Breimehl für Waffeln und Suppen.

Im Backofen wurde auch Obst getrocknet und die Zichorien gebrannt, aus denen kaffeeähnliche Getränke bereitet wurden.

Es wurden auch Brötchen („Wegge“) aus Weizenmehl gebacken, die z.B. nach Aufzeichnungen aus alten Kirchenakten die Schulkinder „nach gehaltenem Examen“ bekamen. 

Bei Aussaat und Ernte

Der Landmann streute seine Saat aus einem leinenen Tuch aus, am besten mit dem Rücken zur Morgensonne. Das sollte gegen Vogel- und Mäusefraß helfen. Bevor der Landwirt mit der Aussaat begann, nahm er nach uraltem Brauch der Hl. Messe teil.

Wenn das Mähen beendet war und die Schnitter vom Feld nach Hause kamen, stellten sie sich auf und wetzten laut ihre Sensen. Sie warteten solange auf der Deele, bis die Bäuerin mit einem Trunk kam.